Teil 1:
Hochschulpartnerschule aus Überzeugung: Das Montessori Zentrum ANGELL Gymnasium Freiburg kooperiert mit dem Deutschen Seminar der Universität Freiburg
Das Montessori Zentrum ANGELL Gymnasium Freiburg unterzeichnete am 15.05.2017 einen Kooperationsvertrag mit der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Ein guter Zeitpunkt, die Kooperationspartner selbst zu Wort kommen zu lassen: Was sind die Beweggründe für die Hochschulpartnerschaft? Was zeichnet die Kooperation aus? Und welche Erwartungen sind an die Zusammenarbeit geknüpft?
Das Interview führte Dr. Martina von Gehlen vom Praxiskolleg FACE mit folgenden Interviewpartner*innen am 13.07.2017:
- Alexander Hochsprung, Schulleiter am Gymnasium des Montessori Zentrums ANGELL in Freiburg
- Annette Schuck, Stellv. Schulleitung des Gymnasiums
- Ines Gremmelspacher, Deutschfachleiterin, Leiterin der Unterstufen, Partnerin des Kooperationsprojekt Netzwerk Philologie und Schule der Universität Freiburg
- Stefan Seeber, Universität Freiburg, Dt. Seminar, Germanistische Mediävistik betreut den universitären Teil des Netzwerks
Gehlen: Das Gymnasium des Montessori Zentrums ANGELL hat eine Hochschulpartnerschaft mit der Universität und der PH Freiburg geschlossen. – Warum?
Hochspung: Das Montessori Zentrum ANGELL ist mit seinem Gymnasium im Raum Freiburg ein wichtiger Bestandteil des Bildungssystems. Natürlich ist eine solche Kooperation auch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Ich halte es jedoch für sehr wichtig, dass unterschiedliche Bildungseinrichtungen vor Ort an der Passung der Übergänge zwischen Schulen und Hochschulen arbeiten. Zum einen ist die Frage: „Was bringen Schüler mit in die Hochschulen?“ – sie brauchen einen guten Anschluss in die Studienphase. Zum anderen bilden die Hochschulen Lehrerinnen und Lehrer aus, die mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten an die Schule kommen. Und auch da ist – trotz einer fachlich sehr guten Ausbildung durch das Universitätsstudium – nicht automatisch gesichert, dass das die pädagogischen, sozialen und gruppendynamischen Fähigkeiten sind, die wir an der Schule gerne hätten. Mit unserem innovativen Schulprofil, das wir in den letzten Jahren entwickelt haben, können wir uns aktiv in die Berufsausbildung der Lehrer*innen einbringen und die Kooperation bereichern.
Schuck: Dass wir alle Schularten, von der Kita bis zum beruflichen Gymnasium, unter einem Dach vereinigen, macht es für eine Hochschule interessant mit uns zu kooperieren.
Gehlen: Was zeichnet ANGELL als Hochschulpartnerschule aus?
Hochspung: Die Montessoripädagogik hat einen großen Stellenwert bei uns. Durch die ständige Entwicklung und Reflexion des Montessori-Konzepts für die Mittel- und Oberstufe haben wir umfangreiche Kompetenz, Know-how und Erfahrung in diesem Bereich. Die Professoren und Studierenden können sich gerne bei uns mit diesem Konzept auseinandersetzen, es erproben und uns Rückmeldungen geben. Der Erfolg im Alltag gibt uns zwar Recht, aber eine fundierte und systematische Rückmeldung z. B. zur Frage „Was ist wirksam und warum ist es wirksam?“ durch wissenschaftliche Untersuchungen ist uns wichtig.
Darüber hinaus ist uns wichtig, frühzeitig mit Studierenden als potenzielle zukünftige Kolleg*innen in Kontakt zu kommen und ein Netzwerk mit allen Partnern vor Ort aufzubauen.
Gehlen: In welchen Bereichen arbeitet ANGELL bereits mit der Universität und der PH zusammen?
Hochsprung: Die Schnittstellen sind vielfältig: Beispielsweise kommen Referendarkurse regelmäßig zu uns, um bei uns zu hospitieren. An der Universität arbeiten wir auch mit einer Lehrveranstaltung zur Reformpädagogik zusammen, bei dem sich Studentinnen und Studenten über das Montessori-Konzept informieren und dann in der Hochschule darüber berichten. Im Rahmen einer Berufungskommission haben wir auch schon dabei unterstützt, zukünftigen Professor*innen die Möglichkeit zu geben, ihr Können unter Beweis zu stellen.
Wir nutzen auch das Raucherpräventionsangebot der Uniklinik: Die 6. Klassen gehen da geschlossen hin. Das ist dann fest im Programm der Klassen eingeplant und wird nicht über einzelne Lehrer angeboten. Und wir bieten regelmäßig ein Pädagogisches Forum als Vortragsabende an, bei dem wir Referenten von Hochschulen zu schulischen Themen einladen. Dieser Punkt könnte aus meiner Sicht noch ausgebaut werden.
Schuck: Weil es als Naturwissenschaftlerin zentral ist, am Puls der Forschung zu bleiben, haben wir in den letzten Jahren häufig mit dem Bernstein Center der Universität im Bereich der Neurobiologie zusammengearbeitet. Wir haben dort Fortbildungen z. B. zum Thema Nobelpreise besucht, um in der Schule aktuelle Bezüge zu schaffen. Die Inhalte in naturwissenschaftlichen Lehrbüchern sind ja in der Regel älter und es nicht so einfach, an aktuelles wissenschaftliches Material zu kommen, wenn man sich für ein spezielles Thema interessiert. Ich nutze auch den Wissenschaftsmarkt, weil wir in der Nähe sind.
Auch die Unibibliothek ist wertvoll, um wissenschaftlich zu recherchieren. Da gehen wir mit unseren Seminarkursen hin. In den Naturwissenschaften ändert sich ja sehr schnell sehr viel. Da kann man nicht sagen: „Ich habe vor 10 Jahren die Ausbildung gemacht. Und das reicht dann für ein Lehrerdasein“. Sondern eigentlich ist lebenslanges Lernen systemimmanent, weil man in gewissen Intervallen neuen Input braucht. Da wünscht man sich manchmal wieder Studentin zu sein und dazusitzen und zuzuhören und Input zu bekommen.
Wir gehen auch in verschiedene Institute der Universität: Ich war mit den Schülerinnen und Schülern schon in der Biologie und in der Uniklinik in der Krebsforschung. Manche Eltern arbeiten im medizinischen oder biologischen Bereich, daher können wir öfter in Labors gehen.
Vor zwei Jahren waren darüber hinaus Studentinnen hier, die für eine Hausarbeit im Bereich der Psychologie Schüler interviewt haben. Da ist es auch für mich sehr fruchtbar, wenn ich mich mit den Studenten unterhalte und erfahre, was die in ihrer Lehrerausbildung machen. Damit habe ich dann den Eindruck, am Puls der Zeit zu bleiben.
Gehlen: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit?
Hochsprung: Wir sind grundsätzlich sehr daran interessiert, die Schüler nicht elfenbeinturm-mäßig zu unterrichten, sondern Kontakte nach außen zu pflegen. Wir sind froh, wenn fachliche Expertise von außen dazu kommt. Wir arbeiten möglichst mit konzeptuellen Implementierungen. Es sollten daher Angebote sein, die sich in das Curriculum integrieren lassen. Deshalb haben wir Interesse an längerfristigen Kooperationen.
Gehlen: Wie sind Ihre Erwartungen an die Hochschulpartnerschaft?
Hochsprung: Meine Hoffnung ist, dass sich aus der Kooperation Projekte entwickeln, die wir fachlich nutzen können. Und ich hoffe, dass wir die Kooperation für eine wissenschaftliche Begleitung nutzen können. Zum kommenden Schuljahr entwickeln wir unser Konzept ab der Klasse 9 weiter – wir möchten damit die Qualität steigern. Es wäre interessant, diese Umstellung wissenschaftlich zu begleiten.
Schuck: In der Partnerschaft erhält man früher Informationen, das ist etwas, was mir in der Partnerschaft nun schon aufgefallen ist. Das ist für mich sehr wertvoll, wenn ich es frühzeitiger erfahre als in der Tagespresse. Die Fortbildungen für den Herbst schon vor den Sommerferien zu erhalten, war für mich sehr wertvoll. Da kann man die Angebote gut in die eigenen Planungen einfließen lassen. Ein Exzerpt mit Angeboten der Hochschulen für die Schulen wäre für uns auch sehr hilfreich.
Lesen Sie hier den zweiten Teil des Interviews mit Fokus auf die Kooperation zwischen Montessori Zentrum ANGELL Gymnasium und Universität Freiburg im „Netzwerk Philologie und Schule“.