Wie können digitale Elemente in der Lehrer*innenbildung gewinnbringend eingesetzt werden? Diese und weitere Fragen brachten die Teilnehmer*innen des Workshops 2 beim Tag der (digitalen) Lehre mit in die Runde. Gerade bei zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern werden Rufe nach mehr Kompetenz bei der Digitalisierung von Unterricht immer lauter. Die School of Education FACE hat sich entsprechend zum Ziel gesetzt, die geforderten Fähigkeiten zum digitalen Unterrichten in der Lehrer*innenbildung nicht nur zu vermitteln, sondern auch im Rahmen der Hochschullehre umzusetzen.
Wie können digitale Elemente dazu beitragen, das übergeordnete Projektziel der School of Education, die Förderung von Kohärenz in der Lehramtsausbildung in den verschiedenen Dimensionen, zu fördern? Diese Fragestellung bildete den Hintergrund, zu dem Prof. Dr. Matthias Nückles den interessierten Teilnehmer*innen drei konkrete Lehrkonzepte aus seiner Arbeitsgruppe vorstellte. Die Arbeiten dazu entstanden im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ und sind seit dem Sommersemester 2019 Bestandteil des Lehrangebots des Instituts für Erziehungswissenschaft (IBW) der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Die online basierten Lehr-Lern- Formate betreffen alle drei Phasen der Lehramtsausbildung.
Zunächst erklärte Christina Schuba wie die von dem Projekt TIPS unter Leitung von Prof. Dr. Nückles entwickelten E-Tutorials und E-Portfolioaufgaben dazu beitragen können, Lehramtsstudierende im Master of Education im Bereich Unterrichten auszubilden. Ihr Tutorial fokussiert dabei auf der Vermittlung eines Metaverständnisses von Unterrichten, und der Förderung der horizontalen Kohärenz durch didaktisches Argumentieren. Das E-Tutorial steht Lehramtsstudierenden über die Lernplattform ILIAS zur Verfügung und kann beliebig häufig als Hilfestellung angeschaut werden. Bei den entwickelten E-Portfolioaufgaben wird eine Zusammenstellung geeigneter Texte aus den drei Wissensbereichen Fachdidaktik, Fachwissenschaft und Bildungswissenschaft angeboten. Durch das Einnehmen der drei Perspektiven auf ein Unterrichtsthema können angehende Lehrkräfte den eigenen Unterricht reflektieren und didaktische Strategien ableiten. Bezug nimmt das Tutorial damit auch auf die zugehörigen Vorlesungen (im Schwerpunktbereich Unterrichten) und vertieft den dort erlernten Stoff. Auch das Schreiben von Lerntagebüchern dient als Medium zur weiteren Vertiefung des Wissens. Dieses kann als „Goal-free writing“ bezeichnet werden, denn eigene Ideen können frei entwickelt werden, jedoch ohne den Zwang ein Produkt zu genieren. Eine rein inhaltliche Auseinandersetzung steht also im Mittelpunkt des Schreibprozesses, ohne dass auf eine bestimmte rhetorische Form geachtet werden muss (Nückles et al., 2020)[i]. Durch das Schreiben von Lerntagebüchern kann von den Studierenden selbst Kohärenz zwischen den drei genannten Dimensionen hergestellt werden. Durch geeignete Anwendungsaufgaben kann dieses Wissen zudem konkretisiert und vertieft werden.
Handfeste Anleitung, wie die vertikale, d.h. im Studienverlauf aufeinander aufbauende Kohärenz gefördert werden kann, gab dann der Impulsvortrag von Tim Steininger. Er stellte ein digitales Selbstlernmodul zur Planung von Unterricht (Tim Steininger & Jörg Wittwer) vor, das insbesondere bei den angehenden Lehrkräften großes Interesse hervorrief. Es wird in Kooperation mit Staatlichen Seminaren eingesetzt und hat das Ziel, den Theorie-Praxis-Transfer zu fördern, indem systematisch Inhalte aus dem Studium während des Schulpraxissemesters aufgegriffen werden. Außerdem wird die Anwendung der an der Universität erlernten Inhalte auf die praktische Arbeit in den Schulen angeleitet. So werden die Studierenden nach der beispielhaften Modellierung von Kompetenzen aus dem Master-Modul „Beurteilen und Fördern“ aufgefordert, diese Tätigkeiten für eigene Unterrichtseinheiten anzuwenden und umzusetzen. Anschließend können die gemachten Erfahrungen im Rahmen des zugehörigen Seminars reflektiert werden. Wie man eine solche Online-Lernumgebungen ansprechend und effizient erstellen kann, zeigte Tim Steininger während des Workshops an einem konkreten Beispiel.
Einen ganz anderen Blick auf digitale Lehr- und Lernformen übernahm schließlich Anna Immerz, die ihre gemeinsam mit Christian Burkhart, im Projekt von Prof. Dr. Dr. C. Spahn und Prof. Dr. B. Richter am Freiburger Institut für Musikermedizin der Medizinischen Fakultät und der Hochschule für Musik Freiburg entwickelte Arbeit zu „Gesundheitsförderung und Stimme“ vorstellte. Das innovative Lehrangebot verbindet Digital- und Präsenzlehre und soll angehende Lehrkräfte bereits im Studium für die gesundheitlichen und stimmlichen Herausforderungen im zukünftigen Berufsleben sensibilisieren. Im blended-learning-Format werden acht Lerneinheiten von den Studierenden in Vorbereitung auf Präsenzworkshops bearbeitet, wobei sich jede Lerneinheit einem Schwerpunktthema im Bereich Gesundheitsförderung und Stimme widmet. Studierende, die diese Online-Lerneinheiten durchlaufen, erhalten beispielsweise die Möglichkeit, sich den Einfluss der Stimme im Unterricht durch Realvideos mit nachgestellten Unterrichtsszenen zu vergegenwärtigen. Neben der Vermittlung der zentralen Inhalte durch Text-, Audio- und Videomaterial, umfassen die Lerneinheiten zahlreiche Übungsaufgaben sowie Interviews mit Lehrkräften. Den Studierenden wird außerdem ermöglicht, sich gegenseitig Feedback über die Wahrnehmung ihrer Stimme zu geben. Technisch wurden die Online-Lerneinheiten durch ein eigens für die Veranstaltung entwickeltes Tool umgesetzt. Im anschließenden Schulpraxissemester werden die zukünftigen Lehrkräfte durch Begleitveranstaltungen am Seminar betreut, in denen die Aspekte Gesundheit und Stimme wieder aufgegriffen werden. Daran anschließend haben die Studierenden die Möglichkeit, einen fakultativen Workshop zum Thema „Stimme im Unterricht“ an der Universität zu besuchen und die im Praxissemester gewonnenen Erfahrungen zu vertiefen.
„Welche Take-Home-Message nehmen die Teilnehmer*innen vom Workshop mit in ihre Veranstaltungen?“ wollte Prof. Dr. Nückles am Ende des Workshops wissen. Die Relevanz von medienbezogenen (Lehr-)Kompetenzen für (angehende) Lehrkräfte zeigte sich noch nie so deutlich wie im letzten Jahr, darin sind sich die Teilnehmer*innen einig. Jetzt geht es darum, Studierende im Erwerb dieser Kompetenzen effektiv zu unterstützen. Im Workshop konnte gezeigt werden, dass durch die Anwendung digitaler Elemente in der Hochschullehre bei den angehenden Lehrkräften nicht nur wichtige Grundlagen für das eigene Unterrichten gelegt werden, Studierende werden außerdem in die Lage zu versetzt, Studieninhalte mehrdimensional miteinander zu verknüpfen.
Weitere Informationen
Tag der (digitalen) Lehre mit Workshops zur Digitalisierung in der Lehrer*innenbildung
Das E-Learning-Programm „Gesundheitsförderung und Stimme“ geht in die zweite Runde
Anregungen für den Unterricht in Zeiten von Corona
[i] Nückles, M., Roelle, J., Glogger-Frey, I. et al. The Self-Regulation-View in Writing-to-Learn: Using Journal Writ-ing to Optimize Cognitive Load in Self-Regulated Learning. Educ Psychol Rev 32, 1089–1126 (2020). https://doi.org/10.1007/s10648-020-09541-1