„Meine Musiklehrerin spielt Bağlama!“ – Neue Hauptinstrumente für Lehramtsstudierende am Standort Freiburg

Im Rahmen des Projektes „Kooperative Musiklehrer/-innenbildung Freiburg“ (KoMuF) haben die Hochschule für Musik Freiburg und die Pädagogischen Hochschule Freiburg das Studienangebot kürzlich um weitere Hauptinstrumente erweitert. Lehramtsstudierende können ihr Bachelor- und Masterstudium nun auch mit den Instrumenten Bağlama, Oud, Ney oder Worldpercussion beginnen. Damit ist Freiburg der erste Standort in Deutschland, der orientalische Musikinstrumente in der Ausbildung von Musiklehrer*innen für die Grundschule bis zum Gymnasium in dieser Breite anbietet.

Pop, Jazz, Weltmusik, die vielfältigen Ausprägungen klassischer Musik, Hip Hop, Elektro, Reggae, Volksmusik – vielfältige musikalische Praxen prägen das Musikleben in modernen Gesellschaften. Damit angehende Lehrkräfte diese musikalische Vielfalt zukünftig bereits im Studium stärker als bisher erfahren können, bedarf es einer Neuausrichtung und Erweiterung der Musiklehrer*innenbildung. Mit dem Einführen von Hauptinstrumenten aus den Stilfeldern Jazz, Pop und Rock wurden in der Vergangenheit bereits wichtige Schritte in diese Richtung gegangen. Zudem erlernen viele Studierende heute – unabhängig von ihrer eigenen musikkulturellen Verortung – Jazz/Pop-Instrumente im Nebenfach, spielen oder singen in Bands oder arrangieren und komponieren für Jazz/Pop-Ensembles.

Durch die Erweiterung des Angebots um orientalische Musikinstrumente erhoffen wir uns neue Impulse für das Lehramtsstudium und wollen gleichzeitig Musiker*innen für den Lehrberuf gewinnen, die bislang keinen Zugang zu unseren Studienprogrammen hatten, weil sie die ‚falschen’ Instrumente gespielt haben.

Neben der Erweiterung des Hauptfächerangebots sollten zukünftige Musiklehrer*innen aber auch im Rahmen der Pflicht- und Nebenfächer verstärkt Einblicke in ihnen unvertraute Musikpraxen erhalten. Hierfür ist ein Umdenken hinsichtlich der Bewertung musikalischer Praxen an Musikhochschulen entscheidend. Von einem gleichberechtigten Nebeneinander aller Erscheinungsformen von Musik und einer Wertschätzung gerade auch von musikalischen Kulturen, die im musikalischen Bildungssystem von der allgemeinbildenden Schule bis zur Musikhochschule traditionell wenig Raum haben, ist oft wenig zu spüren. Oftmals wird – explizit und implizit – ein hierarchisches, elitäres und hochkulturell geprägtes Kulturkonzept vermittelt und das Bewahren und Vermitteln, ‚unseres kulturellen Erbes’ in Schule, Musikschule und Musikhochschule eingefordert. Eine solche Position ist vor dem Hintergrund des aktuellen kulturtheoretischen Diskurses zumindest stark zu hinterfragen, wenn nicht längst unhaltbar. Gleichzeitig steht die (implizite) Vermittlung entsprechender Normen einer Öffnung des Musikunterrichts für die heterogenen Erscheinungsformen musikkultureller Praxen diametral entgegen.

Mit der Etablierung weiterer Hauptfächer aus bisher an Hochschulen unterrepräsentierten Musikpraxen wurde ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer zeitgemäßen Musiklehrer*innenbildung sowie einer inhaltlichen Öffnung des Curriculums gegangen. Die Hochschule für Musik und die Pädagogische Hochschule Freiburg nehmen damit ihre gesellschaftspolitische Verantwortung wahr und profilieren sich als Orte musikalisch-künstlerischer Innovation. In der Zukunft gilt es, den Akteuren weiterer Musikpraxen Zugänge zum Musiklehrer*innenberuf zu öffnen. Bspw. bietet das Berklee College of Music im künstlerischen Bachelorstudium bereits das Hauptinstrument Electronic Digital Instrument an. Ein vergleichbares Angebot und Hauptfächer wie DAW (Digital Audio Workstation), Synthesizer, Songwriting, Producing oder Rappen wären in der Lehrer*innenbildung zukunftsweisend.

Thade Buchborn und Jonas Völker

Hintergrund

2016 haben die Hochschule für Musik, die Pädagogische Hochschule und die Albert-Ludwigs-Universität für das Förderprojekt „Kooperative Musiklehrer*innenbildung Freiburg“ (KoMuF) zwei Millionen Euro für die Dauer von 5 Jahren eingeworben, um das Lehramtsstudium im Fach Musik neu auszurichten. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg fördert den gemeinsamen Antrag der drei Freiburger Hochschulen in der Förderlinie „Leuchttürme der Lehrerbildung ausbauen“ des Programms „Lehrerbildung in Baden-Württemberg“.

Ziel der Neuausrichtung ist, den Bachelor- und Masterstudiengängen im Lehramt Musik ein neues, professionsorientiertes Profil zu geben, in dem Fachwissenschaft, künstlerisches Fach, Musikdidaktik und Bildungswissenschaft möglichst inhaltlich aufeinander aufbauen und strukturell verzahnt sind. Zudem beteiligt sich das Institut für Musikermedizin der Hochschule für Musik und des Universitätsklinikums Freiburg daran, Lehrangebote zum Umgang mit der eigenen Stimme zu entwickeln.

Das KoMuF-Projekt gliedert sich in fünf Teilprojekte. Neben der institutionellen Vernetzung werden dort die Schlüsselthemen Inklusion, Interkulturalität, Umgang mit der Stimme sowie Musizieren, Improvisieren und Musik erfinden im Unterricht bearbeitet.

Seit ihrer Beitrittserklärung vom November 2019 ist die Hochschule für Musik Freiburg offiziell Teil der School of Education FACE. Im Oktober 2018 zunächst von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg gegründet, bündelt die School of Education die Kompetenzen der beteiligten Hochschulen im Bereich der Lehramtsausbildung in einer wissenschaftlichen Institution und ist damit der zentrale Akteur der Lehrer*innenbildung am Standort Freiburg.

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