Musiksymposium „Mastery oder Mystery?” stößt mit vielfältigem Programm auf großes Interesse

Gerade die Bandbreite an unterschiedlichen Perspektiven und Meinungen förderten für mich
nachhaltige Denkprozesse
.“ (Teilnehmer*in)

Ziele des Symposiums „Mastery oder Mystery? Musikunterricht zwischen Lehrgang und offenem Konzept“ waren die Vernetzung und der Austausch von (Nachwuchs-) Wissenschaftler*innen, Lehrenden und Studierenden zu dem bewusst pointiert formulierten Tagungsthema. Rund 300 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland folgten der Einladung zum Symposium, welches in Kooperation von Pädagogischer Hochschule und der neu in die School of Education FACE aufgenommenen Hochschule für Musik Freiburg am 07. und 08. November 2019 an beiden Hochschulstandorten veranstaltet wurde.

Die Tagung wurde im Rahmen des Projektes „Kooperative Musiklehrer*innenbildung Freiburg“ (KoMuF) organisiert, in dem die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die Pädagogische Hochschule Freiburg und die Hochschule für Musik Freiburg – gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg – gemeinsam Impulse und Maßnahmen für eine innovative und professionsorientierte Musiklehrer*innenausbildung erarbeiten. Nach dem 2018 durchgeführten Symposium zu „Interkulturalität – Musik – Pädagogik“ stellt die Veranstaltung bereits die zweite im Rahmen des KoMuF-Projektes stattfindende Tagung dar. Zur Vertiefung der Kooperation der Hochschulen in der Lehrer*innenbildung ist die Hochschule für Musik Freiburg als dritter Partner der School of Education FACE beigetreten. Das Symposium bot den festlichen Rahmen für die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung.

Hintergrund bei der Wahl des Tagungsthemas ist u.a. die prominente Rolle des Standortes Freiburg bei der Entwicklung des Konzeptes eines Aufbauenden Musikunterrichts (AMU) – aber auch ein weiterhin großes Interesse an möglichen didaktischen Weiterentwicklungen. Die immer wieder aufscheinende Dichotomie zwischen offenen Konzepten und Lehrgang wirft grundsätzliche Fragen auf und kreist um die Herausforderung, wie Musikunterricht in seiner Gesamtheit in Zukunft gestaltet werden kann.

Die Vorträge, Workshops, Posterpräsentationen und die Podiumsdiskussion befassten sich mit Themenbereichen im Spannungsfeld zwischen den Polen Mastery und Mystery: Diese symbolisieren die teilweise kontroversen Positionen bzgl. einer Konzeption von Musikunterricht einerseits, der als Lehrgang strukturiert den Aufbau musikalischer Handlungskompetenz der Schüler*innen (im Sinne musikalischer „Mastery“) fokussiert. Demgegenüber werden andererseits im Kontext eines lehrgangsmäßig angelegten Musikunterrichts, so die ernst zu nehmende Kritik, Aspekte der Selbstbestimmung und Kreativität, Heterogenität oder ästhetische Erfahrungen ggf. noch zu wenig berücksichtigt: Raum für Offenheit bzw. Kontingenz und Unplanbarkeit, hier als „Mystery“ bezeichnet, wäre demnach ein wesentliches, das Fach konstituierendes Prinzip.

Nach einer musikalischen Eröffnung durch die sich aus Studierenden der PH rekrutierende Band Heirs to the Wild ging es in verschiedenen Beiträgen konkret um Aspekte des Aufbaus einer „Musical Mastery“, gemäß des Anliegens von AMU: Entwicklungslinien und Kritikpunkte (M. Fuchs; W. Jank), Forschung im Kontext AMU (G. Brunner), wichtige Bezugstheorien wie etwa die Music Learning Theory von Gordon (S. Schiemann) oder konkrete Unterrichtsumsetzungen im Bereich Solmisation, Rhythmussprache und Patternarbeit  (G. Balzer; M. Blassmann; L. Oravec & J. Steffens; H. Schiffels) wurden dabei in den Blick genommen.

Doch wie der zugespitzte Titel des Symposiums bewusst implizierte, sollten mögliche „Gegenentwürfe“ zu diesem Konzept unmittelbar in Nachbarschaft hierzu thematisiert werden. Vorgestellt wurden u.a. Ansätze, welche die Planung des Mysteriums Musikunterricht aus einer praxeologischen Perspektive beleuchten (C. Wallbaum); gestellt und beantwortet wurde auch die Frage, wie man mit SuS gemeinsam Musikunterricht planen kann (B. Küntzel). Zur Sprache kam darüber hinaus eine grundsätzliche Problemstellung, die durch Unterrichtsforschung bislang nur peripher erschlossen ist: Wie manifestieren sich die für die Fachspezifik konstitutiven Mystery-Momente im Musikunterricht (M. Spychiger)? Daneben richtete sich der Fokus auch auf Möglichkeiten inklusiven Musikunterrichts in diesem Spannungsfeld (K. Schilling-Sandvoß).

Etliche Beiträge beschäftigten sich explizit mit der Verbindung von Mastery und Mystery (A. Lehmann-Wermser). Gerade auch die Keynote von Matthias Nückles, Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Unterrichts- und Schulforschung an der Universität Freiburg, zeigte vor diesem Hintergrund die großen Linien auf (”Mastery and Mystery: On two Metaphors of Learning and the Dangers of Choosing Just One”).

Das Programm des Symposiums zeichnete sich insgesamt durch ausgesprochene Vielfalt aus: Optionen digitaler Lehr-Lern-settings im Themenkontext wurden ebenso vorgestellt (M. Sachsse) wie historische Gesangsbildungslehren „revisited“ (L. Oberhaus). Weitere Workshops gaben ganz konkrete Impulse zu kooperativem Lernen (F. Evelein) oder zu definierbaren Fixpunkten und Spielräumen im Musikunterricht (A. Kivi). Näher beleuchtet wurden in einigen Beiträgen auch Fragen der Selbstbestimmung und Kreativität, z. B. im Kontext von Musiktheater (V. Schindel) oder bei Aufgabenstellungen und Formaten im Kontext von Komponieren und Improvisieren (u.a. T. Buchborn & E. Theisohn; J. Grow; J. Janczik; U. Kranfeld; A.L. Mause).

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 Mit seinem Festvortrag „Musikunterricht als Lehrgang, Verstehensbemühung, Ereignis?“ reflektierte Peter Röbke (Universität für Musik und darstellende Kunst, Wien) das Tagungsthema verbunden mit einer Hommage an den emeritierten Prof. Dr. Dr. hc. Wilfried Gruhn. Dieser hat als langjähriger Studiengangsleiter Schulmusik an der Hochschule für Musik Freiburg durch seine Forschungsarbeiten und Publikationen eine große Bedeutung für die Entwicklung des AMU erlangt und einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Faches geleistet. Begleitet wurden die beiden Tage darüber hinaus durch zwei critical friends, die die Tagung am Freitagabend durch eine konstruktive Reflexion über das Tagungsgeschehen abrundeten. Petra Gretsch als Kollegin aus der Germanistik und Ralph Gotzel, Seminarlehrer am Realschulseminar in Freiburg, konnten aus einer Außenperspektive das Tagungsthema noch einmal prägnant beleuchten und sorgten für einen gelungenen Abschluss des zweitägigen Symposiums.

Das Symposium brachte erneut viele Interessierte in Freiburg zusammen und zeigte ein fachlich nach wie vor hochinteressantes Spannungsfeld auf. Es gilt, hier weiter zu denken.

Silke Schmid

Feedback von Teilnehmer*innen

„Besonders gut fand ich: Koryphäen des Fachs in gemeinsamer Diskussion.”

„Es war eine gute Möglichkeit der Vernetzung zwischen Wissenschaft und Praxis.”

„Insgesamt einfach ein sehr wichtiges Thema.”