Was tun, wenn es brennt? – Hochschulpartnerschule Grundschule Denzlingen wirkt bei der Entwicklung eines Brandschutzschulungskonzepts mit

Die Grundschule Denzlingen hat seit 2006 eine Kooperation mit Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck, der sich im Rahmen seines Engagements bei der Freiwilligen Feuerwehr Denzlingen für die Entwicklung eines didaktisch fundierten Schulungskonzepts für die Brandschutzerziehung einsetzt. Das Programm für die vierten Klassen ist die zweite von  fünf Stufen eines jeweils altersgerechten Schulungskonzepts, das zielgruppenorientiert eine verantwortungsvolle Notfallkompetenz gewährleistet.

Foto 1: von links nach rechts: Denia Orfanelli, Kathrin Schönstein-Weber und Wolfgang Hochbruck (Foto: Martina von Gehlen)

Brandschutzerziehung ist ein wichtiger Bestandteil des Sachunterrichts, der im Bildungsplan Baden-Württembergs für die 3. und 4. Klasse verankert ist. Lehrkräfte sind angehalten, Situationen zu initiieren, in denen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern über Nutzen und Gefahren des Feuers nachgedacht wird. Die Kinder sollen Bedingungen für das Entstehen eines Feuers experimentell untersuchen und die Verbrennungsprozesse an Kerzen beschreiben können. Doch wie wird die Sicherheit beim Durchführen von solchen Experimenten gewährleistet und welche Gelegenheiten schafft die Schule, damit die Kinder das Verhalten im Brandfall trainieren können?

Martina von Gehlen, Koordinatorin des Praxiskollegs sprach am 11.07.2019 mit der Referendarin Denia Orfanelli, die Geographie und Mathematik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg studiert hat, und der sie betreuenden Mentorin Frau Kathrin Schönstein-Weber über die Durchführung des Projekts zur Brandschutzerziehung in der vierten Klasse im Schuljahr 2018/19.

MvG: Bitte beschreiben Sie Ihr Projekt zur Brandschutzerziehung etwas genauer, was war die Zielsetzung und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Foto 2: Fragen der Kinder zu Feuer (Foto: Denia Orfanelli)
Foto 2: Fragen der Kinder zu Feuer (Foto: Denia Orfanelli)

DO: Die Brandschutzerziehung ist im Bildungsplan verankert und in der Grundschule Denzlingen erfolgt die Umsetzung in den 4. Klassen bereits seit einigen Jahren in einer Kooperation mit der örtlichen Feuerwehr. Ich gehe in meinem Unterricht immer von der Perspektive der Schülerinnen und Schüler aus: Durch Geräusche wurden die Kinder an das Thema Feuer herangeführt – es gibt viele Arten, wie sich Feuer anhören kann. Was die Kinder zu Feuer wissen wollten, wurde auf Karten gesammelt und von ihnen gegliedert. Ich wollte gar nicht viel vorwegnehmen, denn wir wollten das alles bei der örtlichen Feuerwehr erleben, so kündigte ich den dortigen Besuch bei Herrn Hochbruck als Experten an. Wir haben nach dem Besuch noch einen Test geschrieben, der durch das Erlebte sehr gut ausgefallen ist. Das Verbrennungsdreieck nur an der Theorie zu erarbeiten, wäre sicher nicht so im Gedächtnis hängen geblieben.

MvG: Frau Orfanelli, Sie haben diese Unterrichtseinheit zum Feuer sehr genau geplant, inwieweit hat Ihre Mentorin Sie dabei unterstützt?

DO: Ich bin im zweiten Jahr des Referendariats sehr eigenständig und erhielt von Frau Schönstein einen entsprechenden Planungs- und Durchführungsraum. Den Experimentierkreislauf haben wir im Seminar Offenburg, das mich betreut, vermittelt bekommen. Dieser besteht aus den Schritten:

  1. Frage: Was wollen wir herausfinden?
  2. Vermutung: Was könnte passieren?
  3. Durchführung und Beobachtung
  4. Erklärung

Die Kinder untersuchten in Gruppen die Brennbarkeit verschieden dichter Materialien unterschiedlicher Stoffe im Vergleich (Holzspan und ein dickes Holzstück, Papier und Pappe, Baumwolle und Wolle) und verschriftlichen ihre Schritte für ein Material auf einem Forscherblatt. Bei dem Rundgang in der Feuerwehr haben die Kinder ihre Fragen dem Experten gestellt, der die vielfältigen Kinderfragen beantwortet hat, z.B.: Wie viele Feuerwehreinsätze gibt es? Wurde schon mal jemand verletzt? Wie viele arbeiten da? Gibt es auch Frauen in der Feuerwehr?

Foto 3: Wie brennt es? (Foto: Denia Orfanelli)
Foto 3: Wie brennt es? Beim Experimentieren mit Feuer (Foto: Denia Orfanelli)
Foto 4: Was tun bei Rauch? Die sich absenkende Rauchgrenze wird unterkrochen
Foto 4: Was tun bei Rauch? Die sich absenkende Rauchgrenze wird unterkrochen (Foto: Denia Orfanelli)
Foto 5: Wie wird ein Notruf abgesetzt? (Foto: Denia Orfanelli)
Foto 5: Wie wird ein Notruf abgesetzt? (Foto: Denia Orfanelli)

KSW: Ich bin da, wenn es Fragen oder Unstimmigkeiten gibt, ansonsten führt die Referendarin den Sachunterricht weitgehend selbstständig durch. Z.B. unterstütze ich bei den Formalitäten zum Elternbrief oder zur Vertretung, wenn jemand einen Vormittag lang mit einer Klasse bei einem außerschulischen Lernort ist.

MvG: Wie war der Tag bei der Feuerwehr gestaltet?

Foto 6: Wie sieht durch Verbrennung geschmolzenes Lego aus?

DO: Die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse wurden zunächst in der Fahrzeughalle willkommen geheißen und am Anfang stand, die mitgebrachten Fragen vom Experten beantworten zu lassen. Beim Experimentieren gab es Schüler*innen- und Lehrer*innen-/Expertenexperimente, mit denen das Verbrennungsdreieck erforscht wurde. Ein Vorführexperiment zur Kerzenflamme zeigte die Bedingungen für das Brennen auf. Bei einem anderen wurde anhand eines Legoteils aufgezeigt, wie sich Kunststoffe bei der Verbrennung verflüssigen. Nach einer kurzen Pause haben wir die extrem schnelle Geschwindigkeit der Brandentwicklung anhand eines Lehrfilms zum Wohnzimmerbrand durch einen Weihnachtsbaum gezeigt. Dies führte zur Frage: Was mache ich, wenn es starke Rauchentwicklung gibt? In der folgenden Bewegungsphase sollten die Schüler*innen unter der Rauchgrenze, die mit einem Tuch symbolisiert wurde, erst hindurchlaufen und dann kriechen. Das verdeutlichte für die Kinder den zeitlichen Mehraufwand vom Laufen zum Kriechen, und wie wenig Zeit man bei schneller Rauchausbreitung überhaupt hat.

Foto 7: Mindmap einer Schülerin der 4. Klasse zum Thema Feuer (Foto: Dr. Martina von Gehlen)

Abschließend trainierten die Kinder ihre Analysefähigkeit und Reaktionskompetenz anhand von Unfallszenarien und den wichtigen Leitfragen (Was ist passiert? Wer ist betroffen? Wann ist es passiert? Was sage ich der/m in der Rettungsleitstelle?), wie ein Notruf abgesetzt wird. Eine Kollegin in der Rettungsleitstelle nahm dabei den Anruf der Kinder entgegen, sodass die Übung einen sehr realen Charakter erhielt. Die Kinder übten durch Auf-dem-Boden-Rollen auch eine Selbsthilfemaßnahme, wenn die eigene Kleidung Feuer gefangen hat. Auch das Thema Rettungswege wurde mit den Kindern erarbeitet. Als Hausaufgabe sollten die Kinder bei einem Küchenbrand zu Hause anhand eines Grundrisses ihren Fluchtweg zeichnen.

MvG: Wie sah der Leistungsnachweis für die Schüler*innen aus?

DO: Die im Rahmen des Projekts gemeinsam entwickelte Mindmap wurde mit Unterpunkten und den erarbeiteten Ergebnissen der Aufgaben in einem schriftlichen Test geprüft. Die Kinder haben für den Test in Gruppen gelernt – diese Kompetenz wurde für die weiterführende Schule bereits geübt. Durch die Handlungsorientierung im Sachunterricht ist der Lernzuwachs auch für Schüler*innen mit Sprach- und/oder Leseschwierigkeiten gegeben. Die Eindrücke bleiben im Gedächtnis, auch wenn sie zunächst noch nicht adäquat verschriftlicht werden können, z.B. bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache. Es ist wichtig, dass die Kinder wissen, dass die Rauchentwicklung giftig ist und wie man sich schützen kann.

MvG: Könnten Interessierte die Materialien ggf. bei Ihnen bzw. Herrn Hochbruck anfragen?

DO: Interessierte können sich gerne per E-Mail an mich wenden.

MvG: Wie ist ihr Fazit zu diesem Projekt zur Brandschutzerziehung in Kooperation mit der örtlichen Feuerwehr und mit Prof. Hochbruck?

DO: Die Kinder fanden es richtig gut, dass sie so viel selbst machen und reden durften und entdecken konnten. Der ganze Input kam von den Kindern. Wir haben natürlich die Rahmenbedingungen gegeben, das macht die gute Didaktik aus. Mich hat es total entlastet, dass ich mich auch durch personelle Unterstützung auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bei der Durchführung der Experimente bei der Feuerwehr verlassen konnte und wir im Vorfeld alles geplant und durchgesprochen haben, was geht und was nicht geht.

KSW: Bei einer so großen Klasse mit 26 Kindern bedarf es einfach einer personellen Unterstützung, damit die Sicherheit bei Experimenten mit Feuer gewährleistet werden kann. In der Schule haben die Klassenzimmer Teppichboden und wir benötigen nach der Brandschutzverordnung zum Experimentieren dann feuerfeste Unterlagen. Daher ist es sinnvoll die Experimentierräume bei der Feuerwehr nutzen zu können.

WH: Bei jeder Schülergruppe muss eine Betreuungsperson dabei sein, die die Kinder beim Experimentieren mit Feuer begleitet. Ich habe dieses Jahr den ersten Lehrgang Fachkraft für Brandschutzerziehung im Kreis unterrichtet. Außerdem habe ich an der Universität in den letzten Jahren Studierende im Modul Personale Kompetenzen als Brandschutzhelfer ausgebildet, und für die Zukunft planen wir in der School of Education FACE entsprechende Fortbildungen.

Hintergrund

In der Grundschule Denzlingen werden ca. 500 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Ausbildungslehrkräfte der Grundschule Denzlingen betreuen seit mehr als vier Semestern Studierende der Pädagogischen Hochschule im Integrierten Praxissemester (ISP) und im Professionalisierungspraktikum und darüber hinaus Referendar*innen im Vorbereitungsdienst. Die langjährige Zusammenarbeit über die Praxisbetreuung hinaus mündete 2017 darin, die Kooperation als Hochschulpartnerschule abzuschließen. Die Schule ist außerdem aktiv im Juniorhelferprogramm, indem die Schüler*innen u.a. von dafür ausgebildeten Studierenden als Schulsanitäter ausgebildet werden.

(Dr. Martina von Gehlen)

Zum Weiterlesen

Frau Denia Orfanelli sendet auf Nachfrage gerne Ihre Materialien zur Unterrichtseinheit zu.

Hochbruck, Wolfgang (2018). Wen schützt die Brandschutzerziehung? Integrierte vs. nicht-integrierte Vermittlung von Notfallkompetenz. XXXIII. GfS-Symposium, Innsbruck. (erhältlich auf Anfrage)

Hilbert, Michael & Hochbruck, Wolfgang (2017). Brandschutzerziehung im Kindergarten: Grundlagen und Dokumentation einer Unterrichtseinheit. Brandschutzerziehung Feuerwehren im Landkreis Emmendingen (abrufbar auf der Webseite des Kreisfeuerwehrverbands Emmendingen).

Kultusministerium Baden-Württemberg: Bildungsplan Baden-Württemberg 2016: Naturphänomene.