Am 16.01.2020 fand an der Pädagogischen Hochschule Freiburg ein Tag des Lehrens und Lernens statt. Eingeladen waren alle Studierenden und Lehrenden, also alle Lernenden der Hochschule. Der Tag stand unter dem Motto „Miteinander und übereinander lernen“ und wurde als modifiziertes Barcamp gestaltet. Alle regulären Veranstaltungen an diesem Tag wurden in den Tag der Lehre und des Lernens integriert.
Die Gestaltung des modifizierten Barcamps war ein Experiment, welches seit April 2019 in enger Zusammenarbeit von dem Prorektorat Lehre, Studium und Digitalisierung, der Hochschuldidaktik und dem Zentrum für Lehrkräftefortbildung (ZELF) gemeinsam mit Lehrenden und Studierenden der Hochschule in vielen Sitzungen geplant und vorbereitet wurde. Am Ende wurde vereinbart, dass bereits im Vorfeld des Tages sowohl von Studierenden als auch von Lehrenden Ideen für sog. Sessions gesammelt und allen Hochschulmitgliedern auf der Lernplattform ILIAS zur Verfügung gestellt wurden. Darüber hinaus konnten auch am 16.01., am Tag der Lehre und des Lernens, noch weitere Sessions angemeldet werden.
Unter einer Session haben wir, ganz im Sinne der Barcamp-Methode, Workshop-ähnliche Angebote verstanden, in denen die Sessiongeber*innen – also diejenigen, die eine Session angeboten bzw. initiiert haben – z.B. einen Dialog zu einem bestimmten Thema angeleitet, einen kurzen inhaltlichen Impuls gegeben oder Materialien vorgestellt haben, über die anschließend diskutiert wurde oder z.B. auch ganz allgemein zum Austausch über ein bestimmtes Thema oder zum gemeinsamen Werken eingeladen haben. Zu den meisten Sessions wurde anschließend eine kurze Dokumentation erstellt, in der u.a. zentrale Anliegen, wichtigste Erkenntnisse und Ergebnisse oder auch noch offene Fragen notiert wurden.
Insgesamt haben an dem Tag ca. 400 Studierende teilgenommen und es kam ein Angebot von über 30 sehr interessanten und vielfältigen und Sessions zustande. Eine vollständige Übersicht findet sich auf der PH-Webseite zum Tag der Lehre und des Lernens.
Moderiert wurde der Tag von zwei Barcamp-Spezialist*innen, Solveig Schwarz (Projektmanagerin für „digital.freiburg“ bei der Stadt Freiburg) und Dejan Milhajlocic (Lehrer an der Pestalozzi Realschule in Freiburg, Fachberater für Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie SMV-Beauftragter beim Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg). Eingerahmt war der Tag in einen Einstiegs-Impulsvortrag zur agilen Didaktik von Philippe Wampfler und einen Abschlussimpuls zu Eindrücken von dem Tag, ebenfalls von Philippe Wampfler (Dozent an der Universität Zürich sowie Experte für Lernen mit Neuen Medien bzw. digitale Bildung).
Die Rückmeldungen vieler Kolleg*innen und Studierenden zeigen uns, dass dieses offene Lehr-/Lernformat eines Barcamps auf viel Zustimmung und Begeisterung bei den Beteiligten gestoßen ist und viele interessante Lehr-/Lernerfahrungen ermöglichte. Es gab aber auch berechtigte Kritik und Bedenken, insbesondere hinsichtlich der Unplanbarkeit eines solchen Barcamp-Tages – sowohl aus inhaltlicher als auch aus organisatorischer Perspektive. Wir nehmen diese und auch weitere Kritik gern auf und beziehen sie in die Planung eines möglichen weiteren Barcamps mit ein.
Patrick Blumschein (Leiter des ZELF)
Georg Brunner (Prorektor für Lehre, Studium und Digitalisierung)
Marion Degenhardt (Stabsstelle Hochschuldidaktik)
Sessions
Lesen Sie hier Kurzberichte aus einigen Sessions.
Rollett, Henning-Kahmann, Hellmann
Mitarbeitende und Studierende der PH Freiburg widmeten sich in der Session dem Thema „Kohärenz im Lehramtsstudium“. Zunächst wurden Ergebnisse zweier Befragungen diskutiert, die im Sommer 2018 und 2019 erfolgt sind und in denen Studierende zu ihrer persönlichen Wahrnehmung von Kohärenz im Studium befragt wurden. In Anlehnung an bisherige Arbeiten wurde in der Befragung zwischen horizontaler (Verknüpfungen zwischen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft) und vertikaler Kohärenz (Verknüpfungen innerhalb eines Fachs über den Studienverlauf) unterschieden. Es zeigte sich, dass die Studierenden die Kohärenz ihres Lehramtsstudiums in vielen Teilen bereits als zufriedenstellend beurteilen. Es wurde jedoch diskutiert, wo Kohärenz möglicherweise noch fehlt und wie viel Kohärenzkonstruktion von Seiten der Hochschule es bedarf, ohne eine eigenverantwortliche Kohärenzschaffung durch die Studierenden selbst zu behindern. Die Ergebnisse der Diskussion werden in die weitere Ausgestaltung des Lehramtsstudiums an der PH Freiburg einfließen.
Krafft, Zaki
Um später ‚kompetent‘ unterrichten zu können und dafür schon im Studium professionelle Kompetenzen zu entwickeln, sollten Lehramtsstudierende Studieninhalte unterschiedlicher Module und Fachbereiche nicht isoliert wahrnehmen, sondern lernen, systematische Verknüpfungen (und auch praxisrelevante Bezüge) zwischen fachwissenschaftlichen, fachdidaktischem und bildungswissenschaftlichem Wissen herzustellen. – Im Rahmen unserer barcamp-session wurde vor diesem Hintergrund diskutiert, wie ein e-Portfolio mit vernetzenden Lernaufgaben Studierende zur Reflexion über unterschiedliche Studieninhalte anregen und so auch bei der individuellen Konstruktion und Wahrnehmung von ‚Kohärenz‘ unterstützen könnte.
In den einleitenden Impulsen und Erfahrungsberichten der Teilnehmer*innen wurde klar, dass mit dem Portfolio-Begriff sehr unterschiedliche Vorstellungen, Definitionen, auch Zielsetzungen und Anwendungskontexte verbunden werden. Insbesondere die Frage, was Studierende im Rahmen ihres Portfolios dokumentieren, worüber sie reflektieren sollten und wie sie dabei angeleitet werden könnten und sollten – über Leitfragen, konkrete Aufgabenformate u.ä. – wurde konstruktiv, teilweise auch kontrovers diskutiert. Dabei wurden aktuelle Portfolio-Konzepte der beteiligten Fächer vorgestellt, Bewertungsmaßstäbe besprochen und insbesondere auch Möglichkeiten und Grenzen der Einbettung von Portfolio-Aufgaben im Studium (und in geltenden Prüfungsordnungen) thematisiert. Neben Lehrenden nahmen auch Vertreter*innen zentraler Einrichtungen (wie dem Schreibzentrum der PH) und von Studierendenseite teil.
Als Folgeveranstaltung ist eine offene Diskussionsrunde am Schreibzentrum der Pädagogischen Hochschule Freiburg geplant.
Brunner, Hellmann, Wahl
Ein wichtiges Ziel der Weiterentwicklung der Lehramtsstudiengänge ist die Herstellung von Kohärenz. Während die Kohärenz innerhalb eines Faches (Fachwissenschaft/Fachdidaktik) in der Regel schon relativ gut etabliert ist, besteht im Kontext Bildungswissenschaften (BiWi)-Fachdidaktiken (FD) der Fächer noch Handlungsbedarf. Zentrale Anliegen der Session mit ca. 20 Teilnehmer*innen waren: gibt es zwischen BiWi und FD inhaltliche Übereinstimmungen? Was haben BiWi und FD gegenseitig „anzubieten“? Wie kann ein Austausch institutionalisiert werden? Es wurde der Wunsch von BiWi nach guten Beispielen aus den Fächern geäußert. Weiterhin könnte die Rolle der BiWi darin bestehen, Konzepte, Rahmenmodelle, Theorien zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wäre es wichtig, dass die FD der Fächer kommunizieren, worauf sie aufbauen wollen. Als Ideen für eine Weiterentwicklung wurden genannt:
- Entwicklung von E-Portfolio-Aufgaben aus den Fächern in Anlehnung an BiWi für das derzeit sich in Entwicklung befindende E-Portfolio im Kontext einer verpflichtenden Beratung im BA-Lehramt,
- Tandem-Teaching,
- die öffentlich verfügbaren Folien von BiWi und FD für einen Austausch nutzen,
- eine gemeinsame Ringvorlesung z.B. zu gemeinsamen Themen wie etwa Fehlvorstellungen etablieren,
- gegenseitige Lehrbesuche BiWi/FD (z.B. einmal pro Semester),
- gemeinsame „Expertenliste“ zu bestimmten Themen erstellen, die als Basis für mögliche „Expertenbesuche“ in Lehrveranstaltungen genutzt werden kann.
Holzäpfel, Menzer, Kolb, Hutz, Scheeren, Müller, Droll, Obersteiner, Leuders, Haug und Studierende
Koordiniert durch das Zentrum für Schulpraktische Studien (ZfS) der Pädagogischen Hochschule Freiburg wurde von Dozierenden und Studierenden unterschiedlicher Fächer für den „Tag der Lehre und des Lernens“ eine Session zur Problemanalyse und möglichen Weiterentwicklung der Begleitveranstaltungen zum Integrierten Semesterpraktikum (ISP) vorbereitet. In der von Lars Holzäpfel (Leiter des ZfS) moderierten Session wurden zunächst Evaluationsergebnisse zum ISP vorgestellt. Im Fokus stand dabei der Workload der Studierenden für Schule und Hochschule während der Praxisphase und die Einschätzungen der Studierenden zu den Begleitveranstaltungen. Vor diesem Hintergrund diskutierten die ca. 80 Teilnehmenden (Studierende, Dozierende, Lehrkräfte) über lernförderliche und lernhinderliche Aspekte der hochschulischen Begleitung. Hierbei wurden auch bestehende Best-Practice-Beispiele eingebracht und daran angelehnt Überlegungen angestellt, wie Begleitung konzipiert und umgesetzt werden kann, damit sich Theorie und Praxis sinnstiftend aufeinander beziehen.
Die im Rahmen der Session gesammelten Eindrücke und Ideen sollen in die Weiterentwicklung der Seminarkonzepte einfließen. Hierzu wird ein entsprechender Arbeitskreis eingerichtet, der sich dafür einsetzen soll, dass Studierende die Begleitung durch die Hochschule zukünftig stärker als hilfreiche Unterstützung erleben und die Relevanz des Theorie-Praxis-Bezugs als zentral erkennen.
Brunner
Derzeit arbeitet die Pädagogische Hochschule an einer Digitalisierungsstrategie. Hierzu fanden bereits verschiedene Gesprächsrunden statt. In der Session, an der ca. 25 Personen unterschiedlicher Statusgruppen teilnahmen, wurde zunächst der aktuelle Stand für den Bereich Lehre und Studium vorgestellt und dann in Kleingruppen der derzeitige Stand des Strategiepapiers diskutiert. Grundsätzlich wurde dabei vor allem auch auf die Bedeutung des Themas Digitalisierung für die Lehramtsausbildung fokussiert. Man war sich einig, dass ein besonderer Schwerpunkt neben technischen Kompetenzen auf der Entwicklung der Medienkompetenz (Medienkunde, -nutzung, -gestaltung) sowie dem kritischen Umgang im Sinne von Dekodieren und Bewerten (Science Literacy) im Kontext Digitalisierung liegen sollte.
Einen weiteren wichtigen Aspekt bildete die Frage, wie das Prozedere in der Weiterentwicklung des Papiers, das in den nächsten Struktur- und Entwicklungsplan eingehen sollte, gestaltet wird. Gewünscht wurde eine möglichst breite Partizipation (z.B. Kommentierung in Form von Wandzeitung, Angebote zur Diskussion in Fakultätsräten und Instituten, Expertenrunden, Einbeziehung von Lehrkräften aus Schulen). Neben der Frage der Qualifizierung von Studierenden wurde auch die der Lehrenden diskutiert und damit verbunden mögliche Weiterbildungsangebote (z.B. Vorträge, Workshops, Barcamp).
Großhauser, Siegismund, Weitkämpfer, Fritzsche
Die Idee einer forschungsorientierten Lehre ist in den letzten Jahren insbesondere in der Lehrer*innenbildung verstärkt diskutiert und zu einem Trendthema geworden. Im Rahmen zweier inhaltlich aneinander anschließender Barcamp-Sessions tauschten sich interessierte Hochschulmitglieder, unter Ihnen auch Rektor Prof. Dr. Druwe, zu den Themen Forschungsorientierung, forschendes Lernen und Fallarbeit aus.
In der Session „Forschst du schon, oder lehrst/lernst du noch? Chancen und Herausforderungen einer Forschungsorientierung in der Lehre“ wurde zunächst ein Einblick in die Bandbreite der bereits existierenden Angebote zur Forschungsorientierung in der Lehre an der Pädagogischen Hochschule Freiburg gegeben. Schnell entspann sich hieran anschließend eine lebhafte Diskussion darüber, was unter einer Forschungsorientierung bzw. einer forschenden Haltung überhaupt zu verstehen sei. Dies sei, so einige Anwesende, selbst innerhalb einzelner Fächer und innerhalb verschiedener Arbeitsgruppen nicht abschließend geklärt. Über spannende Beispiele aus der Lehrpraxis einiger Anwesender und Berichte aus der Arbeitsgruppe „Forschungsorientierung in der Lehre“ fand man schließlich zu einen Minimalkonsens: Forschungsorientierung fördere im Idealfall eine forschende Haltung, die ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der kritischen Reflexion der eigenen Subjektivität und der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit von Wissen beinhaltet.
Daran schloss der zweite Teil der Doppelsession an, in dem unter dem Titel „Fallarbeit und Professionalisierung – Tappen im Dunklen?!“ fünf interessierte Hochschulmitglieder ihre Erfahrungen, Gelingensbedingungen sowie Herausforderungen von Fallarbeit austauschten. Besonders intensiv diskutiert wurde die Frage, wie es gelingen kann, dass Fallarbeit einen Beitrag zur Professionalisierung von Studierenden leistet. Die fünf Teilnehmenden bearbeiteten zu diesem Zweck selbst ein prägnantes Fallbeispiel und reflektierten im Anschluss ihr Vorgehen. Sie stellten heraus, dass die Arbeit am Fall dann am effektivsten eingesetzt werden könne, wenn sie irritiert und die Bearbeitenden dazu herausfordert, kontroverse Ansichten zu diskutieren, Alltagswissen zu hinterfragen und sich implizite Annahmen bewusst zu machen. Dies könne beispielsweise durch emotionale Involviertheit oder Irritation ausgelöst werden – etwa wenn der Fall nicht nur in Form eines Transkriptes vorliegt, sondern auch mittels szenischem Spiel, Standbildern oder anderen Methoden der Übernahme verschiedener Figurenperspektiven stärker am Erleben der Teilnehmenden ansetzt.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum dem Tag der Lehre und des Lernens sowie die Gesamtdokumentation finden Sie ebenfalls auf der PH-Webseite zum Tag des Lehrens und des Lernens.