Studierendenberatung in Corona-Zeiten

Ein Gespräch mit Sybille Schick und Anna Rosen

Das gesamte „System Hochschule“ ist auf Präsenz ausgerichtet, insbesondere im Bereich der Beratung hat der persönliche Kontakt eine zentrale Bedeutung. Wie kann im Rahmen des Social Distancing bzw. der geschlossenen Hochschule individuelle Beratung gelingen? Hilft auch hier, wie in so vielen Bereichen die Digitalisierung weiter? Diese und weitere Fragen haben wir den Mitarbeiterinnen der Abteilung „Beratung und Praxisvernetzung“ in der School of Education FACE gestellt.

Wir haben mit den Studienberaterinnen Lehramt der School of Education FACE, Anna Rosen und Sybille Schick, über die Studierendenberatung in Corona-Zeiten gesprochen.  Was ist anders, wenn Studierende nicht wie gewohnt in die Sprechstunde kommen können oder große Infoveranstaltungen nicht wie gewohnt stattfinden können?

Frau Rosen, Frau Schick, hat sich durch die Situation mit Corona ihr Beratungsalltag tatsächlich verändert? Was ist aufgrund der Situation Neues entstanden?

S. Schick: Einerseits hat er das – andererseits aber auch nicht.

Aufgrund der Gebäudeschließung können wir keine persönlichen Beratungen vor Ort mehr anbieten und auch große Infoveranstaltung, wie die Begrüßung der Masterstudierenden am Semesteranfang oder unsere Infoveranstaltung zum Auslandssemester mit vielen Studierenden sind derzeit nicht möglich. Natürlich können die Infoveranstaltungen digital angeboten werden, aber der Mehrwert durch den persönlichen Kontakt der Anwesenden und ihrer Fragen geht leider verloren.

In unserem Alltagsgeschäft der persönlichen Beratung und der Anfragen per Mail hat sich aber nicht allzu viel geändert. Die ‚üblichen‘ Inhalte der Beratungsanfragen sind gleichgeblieben, wie z.B. Fragen nach Fach- oder Hochschulwechsel, Fragen zum Lehrerberuf oder Fragen von Abiturient*innen zur Bewerbung im kommenden Wintersemester.  Das Hauptmedium ist nun nicht mehr das persönliche, sondern das telefonische Gespräch.

Was hat sich inhaltlich am Beratungsbedarf geändert, welche neuen Fragen sind entstanden, wo liegen die drängendsten Probleme?

S. Schick: Auch die Studierenden mussten sich, wie wir alle, auf täglich neue Informationen einstellen. Das hat bei einigen zu Problemen geführt, weil Dinge nicht mehr wie geplant ablaufen konnten. Ich nenne mal ein paar Beispiele:

  • Bei den mündlichen Prüfungen zum Staatsexamen im Frühjahr war lange unklar, ob sie stattfinden oder verschoben werden.
  • Auch der Abschluss des Bachelors war durch Corona beeinträchtigt – und damit wiederum stellte sich die Frage, ob und wann man ohne Bachelorabschluss in den Master of Education eingeschrieben werden konnte.
  • Natürlich waren für die Lehramtsstudierenden die Schulschließungen sowohl in Baden-Württemberg als auch im Ausland ein Problem. Praktika, die begonnen wurden, konnten oft nicht zu Ende geführt werden. Für Studierende im Ausland war die Situation häufig noch unübersichtlicher als hier. Sie benötigten in besonderem Maß unseren Rat, unsere Hilfe und Unterstützung.

Die überwiegend organisatorischen Fragen führten dazu, dass es zuletzt deutlich mehr Austausch zwischen uns und anderen Akteur*innen der Lehrer*innenbildung gab also sonst. Täglich, manchmal beinahe stündlich, kommunizieren wir mit den verschiedenen Stellen und Institutionen, die in das Lehramtsstudium involviert sind. Unser Ziel ist dabei immer zum einen Informationen für die Studierenden transparent zu machen bzw. Unterstützung bei der Lösungsfindung anbieten zu können und auch Ängste bei den Studierenden abzubauen. Gleichzeitig haben wir versucht, deutlich zu machen, dass nicht alles immer sofort lösbar ist und alle, auch die Studierenden, sich manchmal in Geduld üben müssen.

A. Rosen: Eine unserer zentralen Aufgaben ist deshalb auch das aufmerksame und aktive Zuhören, dabei versuchen wir, auftretende Probleme und Schwierigkeiten zu sammeln und zu bündeln. Handelt es sich bei einem vermeintlichen Einzelfall vielleicht um ein Symptom für ein grundsätzliches, strukturelles Problem? In diesem Fall bringen wir die Fragestellung im Rahmen unserer Gremienarbeit ein, mit dem Ziel umfassende und langfristige Lösungen zu finden.

Welche besonderen Herausforderungen für Lehramtsstudierende bleiben möglicherweise noch länger bestehen?

A. Rosen: Leider werden sich einige der genannten Schwierigkeiten nicht so schnell lösen lassen. Während aus unserer Sicht für die Studierenden nach alter Gymnasialer Prüfungsordnung mit dem Staatsexamen im Frühjahr eine gute Lösung gefunden wurde, bleiben gerade bei den Praktika noch viele Fragen offen – vermutlich für längere Zeit.

Waren oder sind Fragen zur Online-Lehre auch Teil der auftretenden Themen?

A. Rosen: Tatsächlich erreichen uns keine konkreten Fragen zu Inhalten der Online-Lehre. Wir gehen davon aus, dass die Studierenden sich hier an die Fächer als Ansprechpartner wenden.

Organisatorische Fragen zu Belegverfahren und zur Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule erreichen uns dafür durchaus. Der unterschiedliche Semesterbeginn von Uni und PH hat zum Beispiel bei den Lehramtsstudierenden zu Nachfragen geführt.

Welche Kanäle nutzen Sie aktuell zur Beratung und Information von Studierenden?

A. Rosen: Für die persönliche Beratung spielen digitale Formate eine untergeordnete Rolle. Da die Eins-zu-eins-Beratung einen vertraulichen Rahmen braucht, ist das Telefon unser entscheidendes Medium und natürlich können wir sehr viele Anfrage per Mail und unter Verweis auf die FACE-Webseite beantworten.

S. Schick: Die Webseite ist ein Ort der Informationssammlung und -aufbereitung, den wir in den letzten Wochen intensiv genutzt und weiter ergänzt und ausgebaut haben. Als Ersatz zur Begrüßungsveranstaltung der Master of Education-Studierenden haben wir beispielsweise ein Begrüßungsvideo angefertigt und auf die Webseite gestellt.

A. Rosen: Darüber hinaus sind weitere digitale Formate für Info-Veranstaltungen geplant, die sonst im Laufe des Semesters stattfinden würden. Erklärvideos oder Podcasts als weitere digitale Angebote sollen in der nächsten Zeit ebenfalls entstehen.

Wie können wir uns den Beratungsalltag an einer geschlossenen Universität vorstellen? Wie haben Sie die letzten Wochen erlebt?

A. Rosen: Schwierigkeiten ergeben sich vor allem, wenn Beratung im Homeoffice stattfinden soll und wie bei mir kleine Kinder zu betreuen sind. Schwierig wird es insbesondere, wenn beispielsweise Telefontermine einzuhalten sind. Nach einigen Wochen hat sich gezeigt, dass das nicht ohne Verluste miteinander vereinbar ist. Beratung verlangt ungestörte Zeit und persönliche Kontakte. Da ich die Stelle neu angetreten habe, war die Einarbeitung unter diesen Bedingungen eine besondere Herausforderung, die noch dadurch verschärft wurde, dass der Monat April mit einem besonders hohem Beratungsbedarf einherging.

Was würden Sie sich unterstützend von Seiten der Universität wünschen, um Ihre Arbeit für alle Beteiligten erfolgreich ausführen zu können?

S. Schick: Tatsächlich haben sich die Datenschutzregeln als teilweise sehr hinderlich erwiesen. Wenn es etwa darum geht, zielgruppenspezifisch Informationen zu streuen, man aber keine entsprechenden Emailverteiler zur Verfügung hat, wird es schwierig. Wir haben außer für unseren Newsletter keinen Emailverteiler für Lehramtsstudierende in den verschiedenen Studiengängen. Zugang zu diesen Daten zu haben wäre sehr hilfreich.

Möchten Sie den Lehramtsstudierenden noch etwas mit auf den Weg geben?

A. Rosen: Nehmen Sie aktiv an der Entwicklung der Lehrer*innenbildung teil und beteiligen Sie sich an der Gestaltung Ihres Studiengangs.

Bei Fragen und Problemen können Sie sich gern an die Studienberatungen wenden. Vertrauen Sie darauf, dass alle Beteiligten gute Lösungen finden wollen, die den Studierenden helfen, auch wenn es vielleicht nicht immer sofort danach aussieht.

 

Weitere Informationen

Abteilung “Beratung & Praxisvernetzung” in der School of Education FACE

Blog-Beitrag “Lehramtsstudierende untersuchen Lernerenglisch an Freiburger Gymnasien”

  • Dr. Anna Rosen konzipierte auch die Lehrveranstaltung  „Applying Linguistics in the Foreign Language Classroom”, die 2017 mit dem Landeslehrpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde. Im Seminar erhalten Lehramtsstudierende im Fach Englisch die Gelegenheit, sich ein Semester lang in eigenen Forschungsprojekten mit Schüler*innensprache aus dem Freiburger Raum auseinanderzusetzen. Dabei analysieren sie jeweils Daten einer Klassenstufe sowohl qualitativ wie auch quantitativ und diagnostizieren Stärken und Schwächen der Lernersprache. Die Ergebnisse der Projekte bieten vertiefte Einblicke in ganz unterschiedliche Aspekte schriftlicher und mündlicher Sprache von Englischlernern am Gymnasium.

 Blog-Beitrag “Ein digitaler Start ins Semester: Beratungswoche an der PH einmal anders …