Das Lehramtsspezifische Mentoring der School of Education FACE wird seit fünf Jahren für Studierende der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angeboten und erfreut sich großer Beliebtheit. Wir haben mit vier Studierenden und einer Lehrkraft über ihre Erfahrungen mit dem Programm gesprochen. Es zeigt sich, dass sowohl Mentor*innen als auch Mentees von den Begegnungen profitieren.
Michael Steinhagen (3. Semester Polyv. 2-HF-Bac., Englisch und Deutsch) erzählt:
„Am Beginn meines Studiums fühlte ich mich von vielem noch überfordert, vor allem von der Studienorganisation: Wie strukturiert man seinen Stundenplan? Was ist bei der Semesterplanung zu beachten? Wie schaffe ich die Klausuren? Ich habe mich in dieser Phase sehr gestresst, da war ich froh, dass mir jemand unter die Arme greift bzw. mich ein bisschen beruhigt. Meine Mentorin sagte immer [sinngemäß]: Es ist alles nicht so wild, nicht so schlimm, mach dir keine Sorgen, alles ist machbar… das hat mir sehr geholfen.“
Es ist gerade die Studieneingangsphase, in der Studierende vom Mentoringangebot profitieren, bei dem Lehramtsstudierende im höheren Semester als Mentor*innen ihre persönlichen Erfahrungen an Studienanfänger*innen (Mentees) weitergeben. Mentor*innen und Mentees treffen sich bei der immer im Wintersemester startenden Staffel in der Regel im zwei- bis vierwöchigen Rhythmus, um aufkommende Fragen aus dem Studienalltag zu besprechen. Studierenden, die sich als Mentor*innen anbieten, liegt vor allem am Herzen, eigene Erfahrungen weiterzugeben. Florian Frietsch (7. Semester 2-HF-Bac., Biologie und Chemie) beschreibt seine Motivation so:
„Ich wollte vor allem anderen Studierenden meine Erfahrungen zukommen lassen, auch die negativen, damit andere nicht die gleichen Fehler machen müssen wie ich damals. So konnte ich schon einige Tipps und Tricks weitergeben, die man sonst so eher selten bekommt.“
Nina Fischer (3. Semester M. Ed., Englisch und Deutsch) ergänzt:
„Ich möchte Lehramtsstudierenden mit auf den Weg geben, die Angebote, die es um das Studium herum an der Uni gibt, auch zu nutzen. Sei es in Form von BOK-Kursen, Angeboten des SWFR, einer Hochschulgruppe oder des SCS – es gibt so viele Möglichkeiten, sich nebenher fortzubilden oder ergänzend zum Studium Interessen nachzugehen.“
Oft sind es kleine, praktische Hinweise, die den Studienalltag erleichtern, wie etwa Empfehlungen, wo es gute Arbeitsplätze in Räumen der Fakultät gibt oder bei welchem Fachbuch sich die Anschaffung lohnt und welches man sich lieber nur ausleihen sollte. Auch Informationen aus Studierendensicht zum Thema Dozent*innen werden von den Mentees sehr geschätzt. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem der soziale Aspekt des Mentorings, gerade für Lehramtsstudierende in der Eingangsphase des Studiums. Nina Fischer sagt dazu:
„Ich finde die Möglichkeit zur Vernetzung unter Lehramtsstudierenden toll, da dies oftmals schwierig sein kann aufgrund der verschiedenen Fächer.“
Das sieht auch Florian Frietsch so, der Studierenden rät:
„Knüpft frühzeitig Kontakte. Je mehr Kontakte man hat, desto mehr Informationen bekommt man, und desto leichter gelingt das Studium.“
Aufmerksam auf das Mentoring-Projekt werden Studierende häufig durch Flyer, die an vielen Stellen der Universität ausgelegt sind und bei Einführungsveranstaltungen ausgegeben werden oder Studierende erfahren über Kommiliton*innen von dem Projekt. Florian Frietsch erzählt: „Ich habe zwei Mentees angenommen. Die erste Studentin fand das Mentoring so gut, dass sie mich gefragt hat, ob sie auch eine Freundin mitbringen kann. So kam es, dass ich jetzt zwei Mentees habe.“ Informationen zum Mentoringprogramm finden sich außerdem auf der Webseite.
Die studentischen Mentor*innen betonen, dass sie auch in Ihrer Rolle als Mentor*innen von dem Programm profitiert haben. Florian Frietsch erklärt:
„Man lernt, Leute zu motivieren, auch für die Dinge um das Studium herum, z.B. sich für die Fachschaft zu engagieren oder zum Unisport zu gehen. Ich empfehle das Mentoring jedem, der Spaß daran hat, seine persönlichen Erfahrungen weiterzugeben.“
Wie Nina Fischer deutlich macht, kann das Mentoring den angehenden Lehrkräften sogar eine Gelegenheit bieten, ihr Handeln als selbstwirksam zu erleben, und sie dazu anregen, die eigene Entwicklung zu reflektieren.
„Die Teilnahme am Mentoring war für mich eine sehr schöne Erfahrung, da man einerseits die positiven Auswirkungen des eigenen Zutuns sehen kann und weiß, dass man den Studieneinstieg für eine andere Person erleichtert. Zum anderen fand ich es auch toll zu sehen, wie weit man selbst seit dem ersten Semester gekommen war, also den eigenen Prozess innerhalb des Studiums zu reflektieren.“
Eine andere Form des Mentorings findet im Sommersemester statt. Da erhalten Studierende im höheren Semester eine erfahrene Lehrkraft als Mentor*in für ein Semester an die Seite. Wir haben mit Frau Rühtz (Lehrkraft für Geschichte und Mathematik und seit drei Jahren Schulleiterin am Scheffelgymnasium in Lahr) und Arnika Burkart (Studentin im 3. Semester M. Ed., Deutsch und Geschichte) gesprochen, die sich seit dem Sommersemester 2019 als Mentoring-Tandem treffen. Auf die Frage, warum sie an dem Mentoring-Angebot teilgenommen hat, antwortet Frau Rühtz:
„Das hat mit meiner Lebensgeschichte zu tun. Ich habe vor 44 Jahren mit meinem Studium angefangen und mir schon damals eine Möglichkeit gewünscht, mit Lehrkräften in Kontakt zu kommen oder im Unterricht zu hospitieren. Das war damals unmöglich. Nachdem ich von dem Tandemprogramm erfahren habe, war mir sofort klar, dass ich da mitmachen will!“
Tipps und Hilfen von erfahrenen Lehrer*innen, Gespräche und Besuche an der Schule tragen mit dazu bei, auf den zukünftigen Beruf vorzubereiten. Dies ist gerade dann gefragt, wenn Studierende im akademisch geprägten Studium den Eindruck haben, zu viel Abstand zu den bevorstehenden Anforderungen des Lehrer*innenberufs zu haben. Nina Fischer erklärt:
„Ich nahm zuerst als Mentee einer Lehrkraft [an dem Mentoring-Programm] teil, da ich bereits am Ende meines Bachelorstudiums stand und sehr den Praxisbezug im Studiengang vermisst habe. Der Kontakt zu einer Lehrkraft hat diesen dann zumindest teilweise hergestellt.“
Die Verbindung herzustellen zwischen den Inhalten des Studiums und der Anwendung dieser in der Schulpraxis ist oft das zentrale Anliegen von Studierenden, die sich im Mentoring-Programm einschreiben, bestätigt auch Arnika Burkart.
„Ich bin besser vorbereitet ins Praxissemester gegangen und konnte dann mit konkreten Fragen (z.B. um das Thema Lehrergesundheit) ins Praktikum gehen. Der Austausch mit jemandem, der einen realistischen Blick auf den Beruf hat, war sehr wertvoll.“
Die angebotenen Workshops zu weiterführenden Themen wie Klassenführung oder Mobbingprävention ergänzen das Angebot des Mentorings um weitere anwendungsbezogene Inhalte, die sonst wenig Raum in der Studienphase einnehmen.
In einem waren sich alle Mentor*innen und Mentees, die wir befragt haben, einig: Sie alle würden das Mentoring weiterempfehlen. So resümierte Nina Fischer:
„Sowohl als Mentorin als auch als Mentee einer Lehrkraft habe ich nur Positives aus den Mentoring-Prozessen gezogen. Man lernt gleichgesinnte Menschen kennen, bekommt tolle Workshops angeboten, reflektiert sich selbst und das Studium an sich noch einmal etwas tiefgehender und bereitet sich und andere auf das Studium und das, was danach kommt, optimal vor.“
Hintergrund
Das Mentoringprogramm wurde 2015 im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ entwickelt. Es wird durch das „Kompetenznetzwerk Studierendenmentoring“ (KNS) der Albert-Ludwigs-Universität koordiniert, das seit 2012 besteht. Das Lehramtsspezifische Mentoring wurde von Heike Kapp und Simone Judith Fesenmeier konzipiert und wird seither jedes Semester umgesetzt. Im KNS werden neben dem Lehramtsspezifischen Mentoring noch das Interkulturelle Mentoring und fachspezifische Mentoringangebote koordiniert.