Im Rahmen des Projektes „Kooperative Musiklehrer/-innenbildung Freiburg“ (KoMuF) hat das Freiburger Institut für Musikermedizin in Zusammenarbeit mit dem Institut für Erziehungswissenschaft der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg die Lehrveranstaltung „Gesundheitsförderung und Stimme“ entwickelt. Das innovative Lehrangebot verbindet Digital- und Präsenzlehre und soll angehende Lehrkräfte bereits im Studium für die gesundheitlichen und stimmlichen Herausforderungen im zukünftigen Berufsleben sensibilisieren. In diesem Sommersemester 2020 durchläuft die zweite Gruppe Lehramtsstudierender das E-Learning–Programm, welches seit dem Sommersemester 2019 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Lehramtsstudiengang Master of Education obligatorisch verankert ist.
Hintergrund
Der Beruf als Lehrkraft ist eine ganz besondere und zudem sehr komplexe Tätigkeit. Die pädagogische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen kann als erfüllend wahrgenommen werden, es ist jedoch bekannt, dass der Lehrkraftberuf auch Belastungen und gesundheitliche Risiken birgt. Daher ist es wichtig, die Inhalte „Gesundheitsförderung und Stimme“ bereits im Studium an angehende Lehrkräfte mit dem Ziel der gesundheitlichen und stimmlichen Sensibilisierung und der Prävention gesundheitlicher Probleme zu vermitteln. Diese Themen kamen in der Ausbildung von gymnasialen Lehrkräften bislang gar nicht oder viel zu wenig vor. Durch die Umstellung auf das Bachelor-Master-System werden die bildungswissenschaftlichen Anteile gestärkt und es besteht am Standort Freiburg nun die Möglichkeit, die Professionalisierung für den Lehrkraftberuf voranzutreiben. Seit Sommersemester 2019 wird die Lehrveranstaltung „Gesundheitsförderung und Stimme“ an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im neuen Lehramtsstudiengang Master of Education als Teil der bildungswissenschaftlichen Veranstaltungen angeboten.
Konzeption der Lehrveranstaltung
Die Lehrveranstaltung wurde als „Flipped-Classroom-Format“ mit Online-Lerneinheiten und Präsenzworkshops als Verbindung von Digital- und Präsenzlehre konzipiert (vgl. Abb. 1). Acht Lerneinheiten werden in Vorbereitung auf die Workshops von den Studierenden digital bearbeitet, wobei sich jede Lerneinheit einem Schwerpunktthema im Bereich Gesundheitsförderung und Stimme von Lehrkräften widmet. Studierende, die diese Online-Lerneinheiten durchlaufen, erhalten beispielsweise die Möglichkeit, sich den Einfluss der Stimme im Unterricht durch Realvideos mit nachgestellten Unterrichtsszenen zu vergegenwärtigen. Neben der Vermittlung der zentralen Inhalte durch Text-, Audio- und Videomaterial, umfassen die Lerneinheiten zahlreiche Übungsaufgaben sowie Interviews mit Lehrkräften. Um den Austausch zwischen den Studierenden zu stärken, wird es den Studierenden zudem ermöglicht, sich gegenseitig Rückmeldungen über die Wahrnehmung ihrer Stimme zu geben. Technisch wurden die Online-Lerneinheiten durch ein eigens für die Veranstaltung entwickeltes Tool umgesetzt. Lerninhalte werden in diesem Tool in Markdown, einer einfachen Zeichensprache, verfasst und können in jedes Lernmanagementsystem als exportierte Webseite integriert werden. Hierdurch wird eine maximale Flexibilität erreicht, die die Online-Lerneinheiten systemunabhängig macht.
Auf die Online-Lerneinheiten folgen Präsenzworkshops, in denen das zuvor erworbene Wissen in praktischen Übungen und Diskussionen angewandt wird. Im Anschluss an diese Lehrveranstaltung findet das 12-wöchige Schulpraxissemester statt. Während dieser Zeit werden die Studierenden durch Begleitveranstaltungen am Seminar betreut, in denen die Aspekte Gesundheit und Stimme thematisch wieder aufgegriffen werden. Nach dem Besuch des Praxissemesters haben die Studierenden erneut die Möglichkeit, einen fakultativen Workshop zum Thema „Stimme im Unterricht“ an der Universität zu besuchen und die im Praxissemester gewonnenen Erfahrungen zu vertiefen. Das Lehrangebot zeichnet sich also durch eine kohärente Studienverlaufsstruktur von Universitätsstudium und Schulpraxis aus und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Das Wissen wird über die Online-Lerneinheiten vermittelt, in Präsenzworkshops aufgegriffen, im Schulpraxissemester angewandt und in darauffolgenden Wahlangeboten im universitären Rahmen erneut vertieft.
Evaluation der Lehrveranstaltung
Die Lehrveranstaltung wurde im Sommersemester 2019 erstmalig angeboten und evaluiert. Die Studierenden gaben in der Evaluation der Veranstaltung überwiegend an, dass sie den Inhalten Relevanz für den Lehrkraftberuf beimessen und durch die Beschäftigung damit neue Erkenntnisse für sich gewinnen konnten. Das Lehrformat wurde von den Studierenden auch wegen der Möglichkeit des selbstgesteuerten, zeit- und ortsunabhängigen Lernens positiv evaluiert. Sie begrüßten die abwechslungsreiche Gestaltung der Online-Lerneinheiten mit Text-, Quiz- und Videoelementen und zudem die große Flexibilität in der Bearbeitung der Inhalte. Außerdem gaben die Studierenden an, dass sie sich durch den Workshop „Gesundheitsförderung und Stimme“ gut auf das anstehende Praxissemester vorbereitet fühlen. Die kohärente Struktur von Universitätsstudium und Schulpraxis scheint sich auszuzeichnen. Die Evaluation macht deutlich, dass die Studierenden der ersten Kohorte (N=80, Sommersemester 2019) die Veranstaltung positiv angenommen haben und das Ziel des Konzepts, angehende Lehrkräfte bereits präventiv im Studium für die gesundheitlichen und stimmlichen Herausforderungen im zukünftigen Berufsleben zu sensibilisieren, erreicht werden konnte.
Förderhinweis
Das gemeinsame Förderprojekt „Kooperative Musiklehrer*innenbildung Freiburg“ (KoMuF, 2016-2021) von der Hochschule für Musik, der Pädagogischen Hochschule und der Albert-Ludwigs-Universität, welches vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg in der Förderlinie „Leuchttürme der Lehrerbildung ausbauen“ des Programms „Lehrerbildung in Baden-Württemberg“ unterstützt wird, setzt sich zum Ziel das Lehramtsstudium am Standort Freiburg im Fach Musik neu auszurichten. Das KoMuF-Projekt gliedert sich in fünf Teilprojekte. Neben Aspekten zur institutionellen Vernetzung werden dort die Schlüsselthemen Inklusion, Interkulturalität, Umgang mit der Stimme sowie Musizieren, Improvisieren und Musik erfinden im Unterricht bearbeitet. Teilprojekt 5 beinhaltet die Entwicklung des hier vorgestellten Lehrangebotes „Gesundheitsförderung und Stimme“ durch das Freiburger Institut für Musikermedizin, Hochschule für Musik und Universitätsklinikum Freiburg. Die Kooperation zwischen Albert-Ludwigs-Universität, Musikhochschule und Pädagogischer Hochschule ist ein Beispiel par excellence für die Bündelung der Kompetenzen der verschiedenen Hochschulen am Standort Freiburg im Bereich der Lehramtsausbildung, welche seit dem Beitritt der Hochschule für Musik Freiburg im November 2019 gemeinsam der School of Education FACE angehören.
Anna Immerz, Prof. Dr. Dr. Claudia Spahn,
Christian Burkhart, Prof. Dr. Bernhard Richter
Weitere Informationen
Blog-Beitrag “10 Fragen an Christian Burkhart”
- In unserem Format “10 Fragen an …” stellen wir regelmäßig Akteur*innen und ihre Verbindung zur School of Education FACE näher vor. Christian Burkhart arbeitet seit April 2016 an der Weiterentwicklung des digitalen Lehrangebotes im Lehramt an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Empirische Unterrichts- und Schulforschung am Institut für Erziehungswissenschaft und forscht dort unter anderem an der Entwicklung computer-basierter Feedbacksysteme zur Verbesserung der Schreibfertigkeiten von Studierenden.