FACE it – Lehramtsstudierende bloggen über ihr Studium in Freiburg
Tabea Knerner, Musik-Studentin im Polyvalenten Bachelorstudiengang (Hochschule für Musik und Universität) möchte mit Vorurteilen wie „Musik ist doch nur ein Hobby!“ aufräumen und über die Anforderungen im Lehramtsstudium Musik informieren: „Muss man da auch ein Instrument spielen?“ Wie läuft das Studium ab? Und ist es nun: „Hobby? Beruf? Oder beides?“
„Musik ist doch nur ein Hobby!“ und: „Muss man da auch ein Instrument spielen?“ sind Sätze, die ich oft höre, wenn ich erzähle, dass ich Musik auf Lehramt studiere. Wird das Musikstudium unterschätzt? Oder ist es vielen Menschen einfach nur unbekannt?
Man muss zugeben, dass wir Musiker*innen uns oft in einer Art Blase, in unserer eigenen Welt, in Überäumen und in nur von bestimmten Teilen der Gesellschaft besuchten Konzertsälen aufhalten. Aber als zukünftige Musiklehrerin werde ich mein Fach später in Schulen unterrichten und damit aus der Blase heraustreten. Deshalb möchte ich hiermit über die oben genannten Vorurteile aufklären und über mein Studium informieren.
Die Fakten: Wo kann man (Schul-)Musik studieren?
In Deutschland gibt es aktuell 24 eigenständige Musikhochschulen, davon fünf in Baden-Württemberg. Die Hochschule für Musik Freiburg ist eine davon und mit ihren rund 540 Studierenden (Stand Wintersemester 2018/19) deutlich kleiner als die Universität und die Pädagogische Hochschule Freiburg. Sie bietet 26 Studiengänge an, darunter z.B. Kirchenmusik, Orchesterleitung, Filmmusik und den künstlerischen Bachelor und Master. Im Studiengang Schulmusik (Staatsexamen und Bachelor), über den ich im Folgenden sprechen werde, waren im Wintersemester 2018/19 116 Studierende immatrikuliert.
„Muss man da auch ein Instrument spielen?“ oder: Wie komme ich zu einem Studienplatz für Schulmusik?
Ja, man muss ein Instrument spielen! Und zwar schon vor Studienbeginn. Voraussetzung für die Aufnahme in den Studiengang ist das Bestehen einer Eignungsprüfung, bei der man sich in seinem Hauptfach präsentieren muss, aber auch in den Fächern Gesang, Schulpraktisches Klavierspiel, Musiktheorie und Gehörbildung. Da es für die Eignungsprüfung jedes Jahr zig Anmeldungen gibt, pro Jahr aber nur 20 bis 25 Studierende aufgenommen werden, ist das Niveau hoch. Obwohl ich schon seit meiner Kindheit Instrumentalunterricht nehme, habe ich mir mehrere Monate Zeit genommen, mich auf die Eignungsprüfung vorzubereiten. In Freiburg dauert die praktische Prüfung insgesamt 30 Minuten, beginnend mit dem Vorspiel im Hauptfach, das drei unterschiedliche Stile beinhalten soll. Dann folgt die Begleitung eines kurzfristig vorbereiteten Lieds, der gesangliche Vortrag von zwei oder drei Liedern bzw. Arien und der mündlichen Prüfung in Gehörbildung und Musiktheorie, wo man verschiedene Akkorde nach Gehör bestimmen muss und einige analytische Fragen zu einem Stück beantworten soll. Vor dieser praktischen Prüfung gibt es außerdem eine schriftliche Prüfung in Gehörbildung und Musiktheorie. Hier geht es darum, Melodien nach Gehör zu Papier zu bringen und beispielsweise eine Choralmelodie nach bestimmten Regeln mit Harmonien zu versehen. Die Kommission vergibt am Ende für alles Punkte, die dann bestimmen, ob man einen Studienplatz bekommt.
Eignungsprüfung geschafft! Und jetzt?
Der Bachelor Lehramt im Fach Musik dauert acht Semester und wird mit einem weiteren, beliebigen Fach an der Universität kombiniert. Der Studienplan besteht dann aus acht Semestern Hauptfachunterricht und einigen Nebenfächern, in denen man jeweils sechs Semester Einzelunterricht hat: Klavier, Gesang und Schulpraktisches Klavierspiel. Das Hauptfach kann ein beliebiges Instrument oder Gesang sein. Wenn jemand also beispielsweise Oboe als Hauptfach hat, muss er*sie auf jeden Fall die Nebenfächer Klavier, Gesang und Schulpraktisches Klavierspiel belegen. Mein Hauptfach ist Klavier, womit mir eines dieser Nebenfächer fehlt. Deshalb habe ich vier Semester lang Cellounterricht und zwei Semester Unterricht in Jazz-Gesang genommen. Das Hauptfach ist meist klassisch ausgerichtet. Bei Instrumenten wie Kontrabass oder Saxophon hat man aber zusätzlich Unterricht im Jazz/Pop-Bereich. Im Studienverlauf liegt ein besonderer Fokus auf dem Hauptfach, man hat acht Semester lang Einzelunterricht und legt am Ende eine 30-minütige Prüfung ab. Die Nebenfächer Klavier und Gesang legen den Fokus ebenfalls auf die klassische Ausbildung. Natürlich kann man aber immer auch moderne Stücke nach Wahl einbauen. Beide Nebenfachmodule werden mit einer 15-minütigen Prüfung abgeschlossen, in der man sein Können in verschiedenen Epochen und Stilen unter Beweis stellt. Das Fach Schulpraktisches Klavierspiel soll, wie der Name schon sagt, auf das Klavierspielen in der Schule bzw. im pädagogischen Bereich vorbereiten. So lernt man, wie man Lieder aller Stile begleitet, Chorliteratur vom Blatt spielt und auch Improvisation ist Teil des Unterrichts. In einer Abschlussprüfung präsentiert man dann eine Auswahl aus zehn vorbereiteten Songs und begleitet zwei weitere spontan.
Die Einzelunterrichte werden ergänzt durch Gruppenunterricht in Gehörbildung, Musiktheorie, Sprechen, Chorleitung und Orchesterleitung. Dazu kommen Seminare im Bereich Musikwissenschaft und Musikpädagogik. Außerdem nimmt man am Hochschulchor teil, spielt in der Big Band oder kann Wahlfächer, zum Beispiel aus den Bereichen Jazz/Pop belegen.
Hobby? Beruf? Oder beides?
Ja, Musik ist mein Hobby! Oder: Ja, Musik war mein Hobby? Ich habe mich vor etwa vier Jahren dazu entschieden, mein Hobby Musik zu meinem Beruf, zu meiner Profession zu machen. Ich habe mich für den Studiengang Schulmusik entschieden, weil ich einfach weiterhin Musik machen wollte und mich nicht nur auf meinem Instrument, sondern auch in anderen musikalischen Fächern verbessern wollte. Vielmehr möchte ich aber meine Leidenschaft an junge Menschen weitergeben, die Freude an der Musik vermitteln – und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als die Schule?
Was bedeutete meine Entscheidung nun für mein Hobby? Zunächst kann ich sagen: Mein Musikstudium besteht nicht immer nur aus Spaß und fröhlichem Musizieren. Üben ist teilweise harte Arbeit, es ist eine Herausforderung, bei der oft Leistungsdruck entsteht. Es kann aber auch Spaß machen, wenn man regelmäßig genug Zeit dafür findet, sich Ziele setzt und sichtbare – besser: hörbare Erfolge erzielt. Meiner Meinung nach kann man von keinem Studium erwarten, dass alles Spaß macht und alles motiviert. Es gibt immer Bereiche oder auch Situationen, die man als Pflicht empfindet. Das Schöne an meinem Studium an der Musikhochschule finde ich dann aber, dass ich sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten habe. Im Einzelunterricht kann ich ganz klar mit meinem*meiner Lehrer*in absprechen, welche Erwartungen ich habe und welche Ziele ich erreichen möchte. Ich kann außerdem Wahlfächer und Seminare nach meinen Interessen wählen. So besuche ich zum Beispiel momentan ein Seminar zur Klaviermusik im 20. und 21. Jahrhundert und nehme Unterricht im Fach Jazzgesang. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, außerhalb des Curriculums mit Kommilliton*innen Musik zu machen, in Bands, A-Capella-Gruppen oder in Kammermusikbesetzungen.
Natürlich gibt es auch Fächer, für die man generell nicht viel Freude aufbringen kann. Es geht aber nicht nur um Erfolge, um das Bestehen von Prüfungen und das Erbringen von Leistung. Letztendlich geht es ja darum, die Leidenschaft an der Musik später an junge Menschen weiterzugeben. Als ich neulich eine Musikstunde in einer sechsten Klasse geleitet habe, ist mir bewusst geworden, wie wertvoll es ist, dass ich mein Hobby zum Beruf machen möchte. Durch mein umfangreiches Wissen und Können in diesem Bereich, durch die breite Ausbildung an der Musikhochschule, habe ich die Chance, Musikunterricht abwechslungsreich und mit Freude zu gestalten. Dazu gehört dann nicht nur Klassenmusizieren, Singen und das Analysieren von Musik, sondern auch der Austausch über diese Musik und die Reflektion.
Das Hobby zum Beruf machen: Ein Privileg!
Musik als mein Hobby und meine Profession – kann es also funktionieren? Ich finde: Ja, es kann funktionieren! Es ist für mich ein Privileg, mein Hobby zu studieren, mich jeden Tag aufs Neue damit zu befassen und es schließlich an junge Menschen weitergeben zu dürfen.
Letztendlich kann ich sagen: Auch wenn ich manchmal höre, dass Musik nur ein Hobby sei, erfahre ich doch viel Wertschätzung und Bewunderung, wenn ich über mein Studium berichte. Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Menschen wagen, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Es ist sicher nicht immer einfach, doch was gibt es Schöneres als das zu studieren, was einem wirklich Freude bereitet?
Tabea Knerner
7. Fachsemester, Polyvalenter Zwei-Hauptfächer-Bachelorstudiengang mit Lehramtsoption (Hochschule für Musik und Universität)
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