FACE it – Lehramtsstudierende bloggen über ihr Studium in Freiburg
Trotz der großen Herausforderungen und Probleme, vor die uns die Krise stellt, lohnt sich auch der Blick auf die “positiven Seiten” wie Martin Weiss, Student im Polyvalenten Bachelorstudiengang (Universität), findet. Insbesondere fragt er sich, was er als Lehramtsstudent aus der Situation lernen kann? Das aktuelle Semester sieht er für die Dozierenden auch als “einzigartige Chance, neue Konzepte des Unterrichtens auszuprobieren und für sich zu entdecken”. Als Studierender lohnt sich genaues Hinsehen und ein Perspektivwechsel: “Wie würde man selbst digitalen Unterricht gestalten? Welche Konzepte der Dozierenden könnte man auch später für den eigenen Unterricht an der Schule verwenden?”
In den Zeitungen ist derzeit viel von den Herausforderungen und Problemen, die sich aufgrund der Corona-Maßnahmen besonders für Studierende ergeben, zu lesen. Deshalb möchte ich gerade die positiven Seiten beleuchten und berichten, was sich „dank“ Corona in meinem Studium verbessert hat.
Flexible Belegung der Fächer
Ein Vorteil, den das polyvalente Studium mit sich bringt, ist die flexible Belegung beider Fächer. Dieses Semester habe ich meinen Fokus auf Biologie gelegt, da in meinem zweiten Fach Sport, die Umsetzung vor allem bei praktischen Kursen Corona-bedingt vielen Einschränkungen unterworfen ist.
Durch den Fokus auf Biologie sowie durch das Studieren im Home Office fällt für mich auch die Fahrtstrecke zwischen Biologie und Sport weg, für die ich in den vergangenen Semestern viel Zeit benötigte und bei manchen Vorlesungen sogar wegen zeitlicher Überschneidung nicht anwesend sein konnte.
In Biologie hat mein Sommersemester seit einigen Wochen digital begonnen und zwar so reibungslos wie jedes Semester davor. Dafür möchte ich mich zunächst ganz herzlich bei allen Dozierenden der Universität Freiburg für ihr enormes Engagement und die erfolgreiche Umsetzung bedanken.
Konzentriert lernen
Für mich persönlich ist es ein großer Zugewinn, dass ich Frontalunterricht in digitaler Form als Video bereitgestellt bekomme. Dadurch ist es möglich, zu pausieren, wenn die nötige Konzentration fehlt. Außerdem kann zurückgespult werden, falls Lerninhalte nicht direkt beim ersten Mal verstanden wurden.
Des Weiteren besteht so die Möglichkeit, genau dann zu lernen, wenn es individuell am effektivsten ist. Vor allem dieser letzte Punkt stellt für mich einen großen Vorteil dar, da ich morgens deutlich konzentrierter bin als nachmittags und derzeit eine flexible und effektivere Zeiteinteilung für mich möglich ist.
Selbstorganisation üben und verbessern
Das Arbeiten daheim erfordert neben ordentlichen Arbeitsmaterialien wie einem Computer und natürlich schnellem Internet ein hohes Maß an Selbstorganisation und Selbstreflexion – Kompetenzen, die man auch als Lehrkraft benötigt. Ich versuche Ablenkungen bewusst zu minimieren. Mein Handy stellte bei mir den größten Ablenkungsfaktor dar. Zu groß war die Versuchung bei einer etwas trockeneren Vorlesung Instagram oder andere Apps zu öffnen. Mein Tipp deswegen – Weglegen!
Zur Selbstorganisation habe ich für mich das To-Do-Listen-Schreiben entdeckt. So kann ich abends reflektieren, welche Aufgaben noch abzuarbeiten sind, aber auch erfreut feststellen, was ich bereits erledigt habe. Von den Dozierenden wird empfohlen, sich an den eigentlichen Stundenplan auf HisInOne zu halten. Wer gut strukturiert ist, für den kann es aber auch vorteilhaft sein, sich seinen individuellen Stundenplan für das Homeoffice zu gestalten. In jedem Fall sind feste Abläufe und geregelte Arbeitszeiten, meiner Meinung nach, exorbitant wichtig, um produktiv zu arbeiten.
Neue Konzepte als Inspiration für den eigenen Unterricht
Für die Dozierenden betrachte ich das aktuelle Semester nicht nur als enorme Herausforderung, sondern auch als einzigartige Chance, neue Konzepte des Unterrichtens auszuprobieren und für sich zu entdecken. Dass digitales Lernen und Lehren erfolgreich sein kann, kann man übrigens auch in Sportinternaten beobachten. Dort wird vielen Nachwuchsathleten*innen während internationalen Wettkämpfen ermöglicht, online zu lernen und zu üben.
Ich möchte allen Lehramtsstudierenden ans Herz legen, sich die Konzepte der Dozierenden anzuschauen und sich nach Möglichkeit konstruktiv darüber auszutauschen, was bereits gut funktioniert und was evtl. noch verbessert werden könnte. Hier lohnt sich der Perspektivenwechsel: Wie würde man selbst digitalen Unterricht gestalten? Welche Konzepte der Dozierenden könnte man auch später für den eigenen Unterricht an der Schule verwenden?
Meine Beobachtung: Ich finde oft die ganz einfachen Ansätze zielführend und auch später für den Schulunterricht geeignet, z.B. das Üben mithilfe von Online-Tools, die eine präzise und allumfassende Vorstellung von Sachverhalten liefern. Einige Konzepte in meinem Studium finde ich hingegen sehr komplex aufgebaut, wie zum Beispiel praktische Übungen mit unzähligen Videos, Texten und Links. Wahrscheinlich war zur Erstellung sogar die Mitarbeit von mehreren Fachpersonen notwendig. Solche Konzepte lassen sich deswegen später leider schwierig im eigenen Unterricht umsetzten. Wichtig erscheint mir, dass nicht jede Woche eine andere Umsetzung gewählt wird. Ausprobieren ist wichtig! Nur weil es beim ersten Versuch nicht optimal funktioniert, muss nicht direkt alles umgeworfen und durch einen ganz anderen Weg ersetzt werden.
Hoffentlich konnte ich einige Denkanstöße liefern und dabei helfen, vielleicht nicht nur das Negative zu sehen und den Fokus nicht nur auf die ganzen Einschränkungen, die man aktuell erfährt, zu richten, sondern auch auf die Freiheiten, die man durch die „neuen“ Unterrichtsformen gewinnt, und die Lernchancen, die sich für Lehramtsstudierende daraus ergeben.
Martin Weiss
4. Fachsemester, Polyvalenter Zwei-Hauptfächer-Bachelorstudiengang mit Lehramtsoption (Universität)
Weitere Informationen:
FACE it – Lehramtsstudierende bloggen über ihr Studium in Freiburg
Studentische Blogger*innen teilen ihre Meinung zum Lehramtsstudium an der Universität Freiburg und der Pädagogischen Hochschule, für die Sekundarstufe 1 und für das Gymnasium.
Die Blogger*innen verfassen Texte über ihre Eindrücke und Erfahrungen im Lehramtsstudium in Freiburg, die auf der Webseite der School of Education FACE veröffentlicht und über den vierteljährlich erscheinenden Newsletter beworben werden.
Weitere FACE it-Texte der Newsletter-Ausgabe 02/2020 zum Fokusthema “Digital durch die Krise”: