“Ein offenes Ohr haben!” – Berufsalltag als Gewerbeschullehrer

Lehrkräfte für Berufs- und Gewerbeschulen werden dringend gesucht, vor allem in technischen Fächern. Welche Aufgaben haben sie an der Schule? Welche Rolle spielen sie im dualen Ausbildungssystem? Und mit welchen Herausforderungen geht der Beruf einher? Der Gewerbeschullehrer/Dipl. Ing. (FH) Oliver Gühring unterrichtet seit 2001 an der Gewerbeschule Offenburg das Fach Elektrotechnik und gibt einen Einblick in seinen Berufsalltag.

Schon als er Schüler an der Berufsschule war, liebäugelte Herr Gühring mit dem Gedanken, später selbst einmal als Lehrer zu arbeiten. Er studierte “Elektrische Energietechnik” an der Fachhochschule Konstanz. Im Anschluss arbeitete er bei den Bodensee Schiffsbetrieben im technischen Büro. Nach vier Jahren entschied er sich, an der Technischen Hochschule Karlsruhe das Zweitstudium zum Diplom-Gewerbelehrer Fachrichtung Elektrotechnik zu absolvieren, da ein Direkteinstieg als Lehrer mit Fachhochschulabschluss damals noch nicht möglich war. Als Lehrer schätzt er besonders die Arbeit mit jungen Leuten, die abwechslungsreiche Tätigkeit und hält sich gerne technisch auf dem aktuellsten Stand. Natürlich genießt er auch die Ferien und die freie Zeiteinteilung außerhalb der Unterrichtszeit. Das Verhältnis zu seinen netten Kolleg*innen trägt ein Übriges dazu bei, dass er gerne in seinem Beruf tätig ist.

Wie bei Berufsschullehrkräften üblich, unterrichtet Herr Gühring in verschiedenen Klassenstufen der Berufsschule und in den Technikerklassen. Dabei liegt seine Aufgabe natürlich einerseits darin, fachlich anspruchsvoll zu unterrichten (in den Technikerklassen) und andererseits hat er stellenweise damit zu tun, die Berufsschüler*innen zu motivieren.

Begriffe: Berufsschule und Technikerklassen

Die Gewerblich-Technische Hochschule Offenburg, an der Herr Gehring tätig ist, bietet folgende Definitionen der Schularten:

Berufsschule:
“Ihr Ziel: Sie wollen eine Ausbildung in einem gewerblichen Beruf absolvieren. Diese erfolgt üblicherweise im dualen System mit einer Kombination aus betrieblicher Ausbildung und begleitendem Unterricht in der Berufsschule.”

Technikerschule:
“Ihr Ziel: Sie wollen nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Bereich Elektro oder u.U. auch Maschinenbau sich beruflich weiterbilden und den Staatlich geprüften Techniker erwerben.”

Im dualen System der beruflichen Ausbildung in Deutschland spielt er als Lehrkraft eine wichtige Rolle, denn die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erfolgt sowohl im Betrieb als auch in der Schule. „Der Schwerpunkt der Schule liegt dabei auf der Vermittlung theoretischer Grundlagen (unterstützt durch praktische Laboreinheiten). In den Betrieben liegt er auf den praktischen Inhalten. Schule und Betriebe ergänzen sich dadurch für eine optimale Ausbildung“, so Gühring.

Oliver Gühring (links) und ein Auszubildender (rechts) im Unterricht

In seinem Berufsalltag hat er es typischerweise mit Auszubildenden mit Realschulabschluss oder Abitur zu tun, die an Technik interessiert sind. Eine neue Unterrichtseinheit fängt er immer mit einer Einführung in das neue Thema in Form eines Lehrer*innen-Schüler*innengesprächs an. Danach ist es Aufgabe der Schüler*innen, die Arbeitsaufträge selbstständig zu bearbeiten. Die Ergebnisse werden gemeinsam im Unterricht besprochen.

Danach gefragt, welche Herausforderungen er in seinem Beruf sieht, meint er: Sich stets fachlich auf dem aktuellen Stand der Technik zu halten, verlange einigen Einsatz von ihm. Nicht nachtragend zu sein und gleichzeitig ein offenes Ohr für die Schüler*innen zu haben, wenn sie sich z. B. durch familiäre Probleme etwas veränderten, seien wertvolle Eigenschaften. Er versuche außerdem, dem öffentlichen Bild von Lehrkräften, „die alle faul sind“, nicht zu viel Beachtung zu schenken.

Herr Gühring kann seinen Beruf allen weiterempfehlen, die gerne mit jungen Menschen arbeiten und Freude an Technik haben. Er hält es für sinnvoll, bereits praktische Erfahrungen im Arbeitsleben gemacht zu haben und nicht direkt von der Schule in die Schule zu wechseln. Außer den fachlichen Kenntnissen sei natürlich die Persönlichkeit der Lehrkraft sehr wichtig.

Um junge Menschen ebenfalls für die Tätigkeit als Berufsschullehrer*in zu begeistern, hält er die Plus-Studiengänge der Hochschule Offenburg in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Freiburg für sehr sinnvoll. An der HS Offenburg absolvieren die Studierenden den ingenieurwissenschaftlichen Teil ihres Studiums und werden an der PH Freiburg in die Fachdidaktik und Berufspädagogik eingeführt. Sie haben dabei im Bachelor- und Masterstudium die Möglichkeit, mehrere Praktikumsphasen an Berufsschulen zu absolvieren. In diesen Studiengängen ist auch ein Betriebspraktikum integriert, so dass die Absolvent*innen nach den siebten Bachelorsemestern und drei Mastersemestern eine fundierte Entscheidung hinsichtlich des Berufsziels treffen können. Sie können danach entweder direkt in den Vorbereitungsdienst gehen und Lehrer*in werden, als Ingenieur*in in einem Unternehmen tätig werden oder auch eine wissenschaftliche Karriere anstreben.

Weitere Informationen

Am 01.03.2020 ist die dritte Phase der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ mit dem Schwerpunkt „Berufliches Lehramt“ gestartet. Mithilfe der Förderung, welche die School of Education FACE einwerben konnte, werden am Standort Freiburg in den nächsten Jahren die beruflichen Lehramtsstudiengänge in den gewerblich-technischen Fachrichtungen der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Hochschule Offenburg weiterentwickelt. Durch gezielte Maßnahmen sollen Studierende unterstützt und weitere Studierende für die Fachrichtungen begeistert werden.

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