Inklusion durch Kulturinterpretation – Kastelbergschule und Universität Freiburg eng vernetzt im Projekt HIMIS

Patrick Lehnes, Geograph der Universität Freiburg, und die Hochschulpartnerschule Kastelbergschule arbeiteten im Schuljahr 2018/19 eng im europäischen Projekt „Kulturinterpretation zur Inklusion von Schülern mit Migrationshintergrund“ (engl. „Heritage Interpretation for Migrant Inclusion in Schools“ (HIMIS))“ zusammen. Im HIMIS-Projekt erstellten 21 Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse Dokumentationsfilme zum Thema Heimat und es wurden neue Methoden entwickelt, wie verschiedene Kulturen voneinander lernen können sowie Verständnis füreinander entwickeln.

Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse der Kastelbergschule erkunden im Rahmen des HIMIS-Projekts die Waldkircher Geschichte mit Pause auf dem Marktplatz der Stadt.

Bei Integration denkt man zunächst an eine Anforderung an Geflüchtete und andere Menschen mit Migrationshintergrund, sich in eine offene, plurale Gesellschaft einzugliedern. Doch tatsächlich kann Integration nur in dem Maße gelingen, in dem auch die Einheimischen offen für andere Menschen und kulturelle Vielfalt sind. In der Schule wird der Grundstein gelegt, um in Respekt mit Toleranz und in gegenseitiger Achtung miteinander in unserer Gesellschaft und einer globalisierten Welt zu leben.

Schülerinnen und Schüler lernen in der Kastelbergschule in Waldkirch in Lerngruppen mit- und voneinander. Ein Viertel der Lernenden haben einen Migrationshintergrund. Eltern oder Großeltern sind vor vielen Jahren oder Jahrzehnten als Gastarbeiter*innen nach Deutschland gekommen und auch Flüchtlinge aus vielen verschiedenen Ländern sind Teil der Gemeinschaftsschule. Die Lehrkräfte der Kastelbergschule fördern jede Schülerin und jeden Schüler bestmöglich und sie möchten gemeinsam mit allen ein offenes und vorurteilsfreies Miteinander leben.

Im HIMIS-Projekt erstellten im Schuljahr 2018/19 21 Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse Dokumentationsfilme zum Thema Heimat. Unterstützt wurden sie dabei von ihren Lehrkräften Martin Koch und Caroline Paul. Lehrende und Lernende erlebten im Verlauf des Kultur- und Filmprojektes die lokale Waldkircher Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Angestoßen von den recherchierten Geschichten wurden gesellschaftliche Werte wie Toleranz, Nichtdiskriminierung, Glaubens- und Meinungsfreiheit, Gleichheit und Solidarität als kulturelles Erbe erfahrbar gemacht. So trägt HIMIS auch zu einer kritischen Medienkompetenz bei.

Video

Die Schülerinnen und Schüler haben den Entstehungsprozess der Dokumentationsfilme in einem Video dokumentiert.

Abschluss des HIMIS-Projektes und Ergebnisse

Die HIMIS-Abschlusskonferenz fand mit knapp 50 Teilnehmer*innen von Schulen, Behörden, Hochschulen und Flüchtlingsnetzwerken am 15.11.2018 an der Universität Freiburg statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich über das große Potential des HIMIS-Ansatzes einig, soziale Integration und Europäischen Zusammenhalt zu fördern. Es wäre gut, den HIMIS-Ansatz breiter in Schulen einzusetzen, aber es wurden auch Schwierigkeiten diskutiert, dies in größerem Umfang zu erreichen. Als Haupthindernisse wurden genannt, die Vorgaben der Lehrpläne, die sich zu sehr an klassischen Fächern orientieren, und die fehlenden Personalressourcen für zusätzliche Schülerprojekte, die sich fächerübergreifend über ein ganzes Schuljahr erstrecken. Dessen ungeachtet wurden Möglichkeiten erkundet, den Fortbildungskurs für Lehrer*innen in Freiburg anzubieten oder Bestandteile des HIMIS-Ansatzes in die reguläre Lehrkräfteausbildung zu integrieren.

Die Dokumentation zeigt die Entwicklung des Projekts und die von Schülerinnen und Schülern erstellten Filmsequenzen und Schülerblogs auf den Spuren historischer Persönlichkeiten von Waldkirch..
Im Rahmen des Projekts wurde ein Kurshandbuch „Heritage Interpretation an Sekundarschulen ermöglichen. Der HIMIS Lehrerkurs“ entwickelt. Darüber hinaus wurden Richtlinien erarbeitet, wie man die Interpretation des Erbes in Sekundarschulen nutzen kann, um die Integration von Migranten zu fördern.

Hintergrund

Seit Mitte der 1990er Jahre forscht die Arbeitsgruppe Heritage Interpretation am geographischen Institut zu Erfolgsfaktoren für die Vermittlung des Natur- und Kulturerbes beispielsweise in Museen, Kulturerbestätten, Kulturlandschaften und Naturschutzgebieten. Dabei geht es um spezielle Kommunikationstechniken für unterschiedliche Zielgruppen. Einzelphänomene, Daten und Fakten werden in größere Sinnzusammenhänge eingeordnet, die für Besucher*innen relevant sind. Die Freiburger Arbeitsgruppe war eine der ersten in Deutschland, die sich wissenschaftlich mit dem in den Amerikanischen Nationalparks entwickelten Ansatz der Heritage Interpretation befassten.

HIMIS (Heritage Interpretation for Migrant Inclusion in Schools) ist ein EU-Projekt, das junge Menschen mit Migrationshintergrund bei der Integration in ihre Schulen und ihr lokales Umfeld unterstützt. Es richtet sich auch an Schüler aus alteingesessenen Familien, von deren Offenheit es abhängt, ob Integration gelingt. Während des zweijährigen Projektes entwickeln Lehrkräfte Aktivitäten für gemischte Schülergruppen, um das lokale Kulturerbe zu entdecken. Indem sie ihre Umgebung besser kennen lernen, sollen die Schüler ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Gemeinde entwickeln und die Ortsgeschichte besser verstehen.

Weitere Informationen

Im Herbst 2019 findet eine Weiterbildung Natur- und Kulturvermittlung an der Freiburger Akademie für Universitäre Weiterbildung (FRAUW) statt.