Am Freitag, den 08.12.2017, fand an der Pädagogischen Hochschule Freiburg der Fachtag „Inklusive Fachdidaktik” statt, der von Katja Schneider (Institut für Deutsche Sprache und Literatur, PH Freiburg) und Charlotte Rott-Fournier (Institut für Musik, PH Freiburg) organisiert und durchgeführt wurde.
Ausgewiesenes Ziel des Fachtages war es, mit Dozierenden aus den Fachdidaktiken und Fachwissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Pädagogischen Hochschule Freiburg Möglichkeiten der Verankerung und Weiterentwicklung von Lehrkonzepten zu Inklusion und Heterogenität in den Fächern zu diskutieren und Zusammenarbeit für Inklusion zu initiieren. Der Fachtag bot dabei für die rund 40 Teilnehmenden aus unterschiedlichen Fächern und Fachbereichen (Fachdidaktiken, Bildungswissenschaften) sowie Institutionen (Pädagogische Hochschule Freiburg, Universität Freiburg, Studienseminare) die Gelegenheit, Konzepte, Ideen und Anliegen zu teilen und weiterzuentwickeln.
Zur inhaltlichen Rahmung der Veranstaltung wurde Prof. Dr. Simone Seitz, Professorin für Sonderpädagogische Förderung an der Universität Paderborn, eingeladen, die einen einführenden Vortrag über Herausforderungen und Chancen von Inklusion im Fachunterricht hielt. Sie skizzierte dabei grundlegende Herausforderungen und Spannungsfelder sozialer Ungleichheit im Bildungswesen, verortete Inklusion als Analyse von Differenzherstellung (z.B. durch Leistungserwartungen) und rekurrierte auf didaktische und fachdidaktische Vorarbeiten im Sachunterricht, die insbesondere das Potenzial des dialogischen Lernens der Schülerinnen und Schüler in den Vordergrund rücken.
Darüber hinaus wurden durch Dr. Juliane Leuders und Katja Schneider, beide Pädagogische Hochschule Freiburg, fachdidaktische Perspektiven auf Inklusion am Beispiel von Mathematik und Deutsch beleuchtet. Juliane Leuders stellte dar, welche Ansätze zum Differenzieren und zu Inklusion es in der Mathematikdidaktik bereits gibt und wo die Grenzen dieser Ansätze liegen. Für den Bereich Deutsch stellte Katja Schneider die Schlüsselfunktion des Fachs heraus, die im Sinne der durchgängigen Sprachförderung in allen Fachdidaktiken besonderer Beachtung bedarf. Außerdem wurden Beispiele zur Umsetzung von Lerngegenständen in heterogenen Gruppen skizziert, die auf die Passung von Lerngegenstand und Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern ausgerichtet waren.
In einer interaktiven Arbeitsphase wurden Fächercluster gebildet (Fremdsprachen/Deutsch; Mathematik/Naturwissenschaften/Technik/Sachunterricht; Politik/ Theologien/Soziologie; Musik/Kunst/Sport/Textil), um gemeinsam entlang von Leitfragen zu bestehenden Konzepten, möglichen Entwicklungsschritten sowie Barrieren/Herausforderungen für Inklusion in den jeweiligen Fächern zu diskutieren. Erfreulicherweise konnte für die Naturwissenschaften Dr. Christina Krabbe (Chemiedidaktik, TU Dortmund) als Referentin gewonnen werden, die über Entwicklungen zur Einbindung von Inklusion in die Lehre im Rahmen des Projekts „Dortmunder Profil für inklusionsorientierte Lehrer/-innenbildung“ (DoProfil) berichtete. Dabei stellte sie insbesondere das Konzept des Universal Design for Learning vor1, das als Ausgangspunkt für die Lehrentwicklung dienen kann.
Für das Fach Deutsch bot Prof. Dr. Andreas Krafft (Institut für Deutsche Sprache und Literatur, Pädagogische Hochschule Freiburg) Impulse bezüglich sprachdidaktischer Konzeptionen und deren Eignung für (sprachlich) heterogene Gruppen. Dabei griff er u.a. die Bereiche Wortschatzarbeit, Sprachbewusstheit und Grammatikunterricht sowie den Bereich Texte schreiben auf.
Die Ergebnisse aller Arbeitsgruppen wurden abschließend im Plenum vorgestellt und von der Referentin Prof. Dr. Simone Seitz kommentiert. Sie betonte dabei insbesondere die Lehrerbildung für Inklusion, die ihrer Meinung nach Erfahrungen und Lerngelegenheiten für eine Bewusstseinsbildung für Inklusion enthalten solle, um Inklusion als integralen Bestandteil (u.a. auch in Bezug auf die heterogenen Lerngruppen von Studierenden) und nicht als Additum zu verstehen.
In der Zusammenschau bot der Fachtag „Inklusive Fachdidaktik“ Raum für fachlichen Austausch und leistete damit einen Auftakt für eine potenzielle Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachdidaktiken und mit den Bildungswissenschaften bei der Weiterentwicklung bestehender Lehrveranstaltungen sowie bei der Entwicklung von Lehrbausteinen in Bezug auf Inklusion.
Der Hintergrund
Der Erwerb grundlegender Kompetenzen für Inklusion bei den angehenden Lehrerinnen und Lehrern ist spätestens seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention ein wichtiges Ziel. Während Inklusion und Heterogenität bislang schon punktuell in den Fächern thematisiert wurden, wird mit der Neugestaltung der Lehramtsstudiengänge im Zuge der Lehramtsreform in Baden-Württemberg Inklusion systematisch in die neue Studienstruktur aufgenommen: Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Förderungen durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg (MWK) soll durch eine stärkere Kohärenz von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft sowie durch interdisziplinäre Lehr- und Curriculumsentwicklung u.a. auch das Themenfeld Inklusion ausgebaut werden. Es soll als Querschnittsthema nachhaltig in das Lehrangebot für die Studierenden des Lehramts in Kooperation zwischen der Albert-Ludwigs-Universität und der Pädagogischen Hochschule Freiburg im Rahmen des Freiburg Advanced Center of Education (FACE) verankert werden.
Neben der curricularen Entwicklung eines grundständigen Moduls im Master Lehramt wird daher an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg ein Prozess im Sinne einer lernenden Institution angestoßen, um das Thema Inklusion in unterschiedlichen Fächern und Fachbereichen einzuführen und weiterzuentwickeln.
1 Informationen zum Konzept des Universal Design for Learning:
Schlüter, A.-K., Melle, I., & Wember, F. B. (2016). Unterrichtsgestaltung in Klassen des Gemeinsamen Lernens: Universal Design for Learning. Sonderpädagogische Förderung heute(3), 270-286.